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Arzneistoffe in alphabetischer Ordnung

  
GRIPPEERKRANKUNGEN

von Dr. Douglas M. Borland
Übersetzung:  Markus Acker
 

PYROGENIUM

Pyrogenium-Patienten entwickeln in der Regel ziemlich hohe Temperaturen. Typischerweise sind sie gerötet, heiß, verschwitzt und sehen irgendwie gedunsen aus. Sie klagen häufig über brennende Hitze und fühlen sich schrecklich beeinträchtigt dadurch.

Die meisten Pyrogenium-Patienten, die ich gesehen habe, waren mental überaktiv. Sie neigen zu Geschwätzigkeit, plappern munter drauflos und sind eindeutig erregt. Gegen Abend werden sie möglicherweise deliriös.

Aufgrund ihrer mentalen Aktivität werden sie sehr von Schlaflosigkeit gequält. Wenn die toxische Belastung zunimmt, können sie in gewissem Grade deliriant werden und das Gefühl bekommen, nicht so recht zu wissen, wo sie gerade sind. Häufig wachen sie aufgeweckt und klar auf und beschreiben unangenehme Träume, in denen ihre Körperteile verstreut im Bett umherlagen und sie diese wieder zusammenfügen mussten. Diese Empfindung haben sie eher im Schlaf als im Wachzustand.

Eine eindeutige Pyrogenium-Indikation ist, dass, obwohl die Patienten sich so heiß und unwohl fühlen, sie empfindlich in Bezug auf Zugluft sind. Diese lässt sie sofort frösteln, etwa so wie bei Mercurius. Häufig bekommen sie kleine Schauder, fast wie ein wenig Schüttelfrost, gemischt mit einem Gefühl intensiver Hitze. Sehr oft fühlt sich der Patient für einen Moment frostig, schaudert ein wenig, wird dann schrecklich heiß und dann bricht Schweiß aus. Grundsätzlich riecht der Schweiß bei Pyrogenium widerlich.

Während Grippeerkrankungen klagen sie immer über intensive, generalisierte wehtuende Schmerzen; sie haben Schmerzen von Kopf bis Fuß und fühlen sich dadurch sehr unwohl. Sie sind empfindlich auf Druck und ruhelos in Bewegung, um den schmerzhaften Stellen Linderung zu verschaffen.

Sie leiden unter starken kongestiven Kopfschmerzen. Entweder sind es starke Hinterhauptskopfschmerzen oder, viel häuifger, intensive klopfende Schläfenkopfschmerzen mit Hitzeempfinden, Kopfdruck und oft feuchtem, heißen Schweiß. Diese kongestiven Kopfschmerzen werden immer durch Druck gelindert.

In einem Pyrogenium-Fall findet man immer einen trockenen Mund, mit ziemlich viel Durst nach kleinen Mengen kalten Wassers. Die Zunge wird trocken, und es entsteht Foetor.

Pyrogenium-Patienten können zwei verschiedene Zungentypen haben. Am häufigsten ist die trockene Zunge mit etwas bräunlichem Belag. Gelegentlich, allerdings seltener während Grippe als bei anderen Zuständen, hat die Zunge überhaupt keinen Belag, ist tief rot und trocken, sehr empfindlich, schmerzhaft, heiß, und neigt zu Rissbildung. Diese Zunge findet man eher bei septischen Fiebern, als bei katarrhalischen Grippezuständen.

Die Patienten neigen zu sehr heftigen Nießattacken, welche durch kalte Zugluft hervorgerufen werden. Sie fangen schon an zu nießen, wenn man sie abdeckt, um sie zu untersuchen. Manchmal reicht es schon aus, wenn sie eine Hand aus dem Bett strecken; es ist die Kälte, die dies hervorruft.

Grundsätzlich ist der Nasenausfluss bei Pyrogenium dick, klebrig und schwierig zu entfernen. Die Patienten beklagen, dass erst eine Seite und dann die andere verstopft ist und es ihnen sehr schwer fällt, die Nase auszuschneuzen. Die rechte Seite ist häufiger verstopft als die linke, aber es kann auch umgekehrt sein.

Der typische Pyrogenium-Rachen sieht schlaff und ungesund aus. Möglicherweise besteht etwas oberflächliche Ulceration der Tonsillen und ziemlich ausgeprägte retronasale klebrige Absonderungen.

Pyrogenium-Grippen neigen zu Beteiligung des Kehlkopfes, mit einem Gefühl intensiver Rauhigkeit und Brennen und Ansammlung der gleichen klebrigen, schwer zu entfernenden Schleimbildung. Unter quälendem Abhusten bringen die Patienten ziemlich viel klebrigen, gelb gefärbten Schleim nach oben.

Die meisten Pyrogenium-Grippepatienten haben intensives Klingeln in den Ohren, ein Verstopfungsgefühl, ausgeprägte Empfindlichkeit hinter den Ohren und eine starkes Druckgefühl, als ob die Ohren platzen würden. Das rechte Ohr ist in der Regel häufiger betroffen als das linke.

Im Zusammenhang mit dem Zustand der Ohren sind die Nasennebenhöhlen in ähnlicher Weise betroffen. Sie haben ein Gefühl, als seien die Stirnhöhlen verstopft, mit intensiven drückenden Schmerzen über den Augen, und zwar häufiger über dem rechten Auge.

Darüber hinaus besteht häufig eine ähnliche Empfindung im Oberkiefer, durch Beteiligung des Antrums, mit den gleichen drückenden Schmerzen. Die Antrumschmerzen haben die Neigung, von einer Seite auf die andere zu wanderen, oder sich über beide Seiten zu erstrecken.

In der akuten Phase werden die Schmerzen sehr durch Kälte und jegliche Bewegung des Patienten verschlimmert. Auch Husten verschlimmert die Schmerzen, die Stirn fühlt sich an, als wolle sie platzen, und häufig bestehen klopfende Schmerzen in den betroffenen Arealen.

Es besteht die Neigung der Ausbreitung in hintere Abschnitte der Nebenhöhlen, häufig vergesellschaftet mit intensiven drückenden Schmerzen tief im Inneren des Schädels. Wenn die Keilbeinhöhle mitbetroffen ist, klagen die Patienten über sehr starke, zur Verweiflung bringende Kopfschmerzen.

Diese Patienten haben erhebliche Empfindlichkeit und Schmerzen der Augen, sehr häufig mit Druckempfindlichkeit. Dies wird für gewöhnlich von akuter Lichtempfindlichkeit begleitet. Es besteht häufig Lichtempfindlichkeit ohne akute, entzündliche Veränderung der Augen. Es scheint, als störe die Patienten das Licht, unabhängig vom lokalen Zustand der Augen. In der Regel sind die Augen eher feucht und verklebt, als dass reichlicher Tränenfluss besteht.
 
Pyrogenium-Patienten beklagen immer einen unangenehmen Geschmack im Mund, ein fades Gefühl, Geschmacklosigkeit oder gar einen eindeutig modrigen Geschmack. Oft sagen sie, dass sich ein Menge Schleim im Hals ansammelt, der modrig schmeckt, wenn sie ihn ausspucken. Dies verursacht eine vollständige Abneigung gegen Speisen, und sie haben überhaupt keinen Appetit. Darüber hinaus haben sie durch die Halsschmerzen Schwierigkeiten beim Schlucken.

Pyrogenium-Grippepatienten haben eine Veranlagung zu akuten Verdauungsbeschwerden, wobei es sich eher um Enteritiden als um Gastritiden handelt. Sie haben ziemlich akute abdominale Schmerzen, mit sehr heftigen Durchfällen. Es handelt sich um stinkende und reichliche wässrige Stühle.

Nützlich für die Diagnose ist die Tatsache, dass diese reichlichen, stinkenden Durchfälle nicht von starkem Stuhldrang begleitet sind. Es besteht kein ausgeprägter Tenesmus. Aber es bestehen markante Schmerzen des Abdomens, häufig in der Ileocökalregion, auf der rechten Seite des Abdomens, und dieser Schmerz wird durch Bewegung sehr verschlimmert. Das Abdomen ist sehr empfindlich gegen Berührung, und der Patient fühlt sich besser beim Liegen auf der rechten Seite.

Es gibt zwei weitere Indikationen für Pyrogenium, die erwähnt werden sollten. Erstens, bevor der Patient irgendwelche Zeichen einer Erkältung entwickelt, bemerken sie starke Schmerzen in den Beinen, die sich allmählich nach oben ausdehnen. Zweitens, besteht immer eine markante Diskrepanz zwischen der Pulsfrequenz und der Temperatur eines Pyrogenium-Patienten.

Die Diskrepanz kann sich folgendermaßen darstellen: Entweder hohe Pulsfrequenz und verhältnismäßig niedrige Temperatur oder hohe Temperatur mit vergleichsweise langsamem Puls.

Die typische Pyrogenium-Grippe ist ein ziemlich ernster Fall. Allerdings reagieren die Patienten erstaunlich schnell mit Besserung.


 

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