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Arzneistoffe in alphabetischer Ordnung

 
Sepia-Kasuistiken - Eine kritische Literaturübersicht 

Weil der folgende Text die "Richtlinie Homöopathie" der deutschen Heilpraktiker-Verbände (vom 5.2.2001) durch das Beispiel Sepia verwirklicht, stammen alle Überschriften aus dieser Richtlinie.

Vorrausgeschickt wird:

A. Die Sorgfaltspflicht ist vom BGH in seinem Urteil  vom 29.1.1991 festgeschrieben worden.

B. Ein Großteil der allgemeinen Fragen und Aufgaben  dieser Richtlinie kann durch Lektüre von Hans Leers, "Macht´s genau nach !" (in: ZKH 1976,200-205) beantwortet werden. 

C. Das Vorwort der Richtlinie formuliert als Mindest-Standard 
-Kenntnis der Pathologie sowie 
-Grundlagen der Homöopathie aus dem „Organon“ 
(dazu sind empfehlenswert :  der preisgekrönte Leitfaden von Artur Braun
Gerhard Risch, Homöopathik. Die Heilmethode Hahnemanns, München 1985  sowie 
der ganz neue bildgestützte Taschenatlas Homöopathie in Wort und Bild von Josef M. Schmidt, Heidelberg 2001) 
-Repertorien mit gesicherten Quellenangaben, etwa das Complete Repertory von Roger van Zandvoort
 

I.Grundlagen der Homöopathie

Zitat "Ohne innere Umkehr ist eine Heilung nicht zu erreichen." und weiter: "Ohne innere Gesundungsbereitschaft und ohne Gesundungswillen wird der Kranke nie gesund." (ZKH 1980 S.29) -So selbstverständlich das klingt - Homöopathen denken an Silicea. 

1.1 Ähnlichkeitsregel

„Man ahme der Natur nach, welche zuweilen eine chronische Krankheit  durch eine andre hinzukommende heilt, und wende in der zu heilenden (vorzüglich chronischen) Krankheit dasjenige Arzneimittel an, welches eine andre möglichst ähnliche, künstliche Krankheit zu erregen im Stande ist, und jene wird geheilet werden; Similia similibus.“ (abgedruckt  in: Gesammelte kleine Schriften S.223) 

Diesen Fundamentalsatz  veröffentlichte Dr.Chr.Fr.S.Hahnemann (1755-1843)  1796 in "Versuch über ein neues Prinzip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen mit einigen Blicken auf die bisherigen" (das 200jährige Jubiläum war Anlaß für die glänzende Ausstellung im Dresdener Hygiene-Museum samt Katalog , hrsg. Sigrid Heinze, Berlin 1996). 
Im gleichen Jahr 1796 veröffentlichte Hahnemann die Ergebnisse seines Selbstversuches mit Chinarinde in Chr.M. Hufelands „Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst“. 
Hahnemanns „Organon VI“  setzt in §12 voraus: einzig die krankhaft gestimmte Lebenskraft bringt die Krankheiten hervor. 
Dann steht in §24 homöopathisch heilen, was § 26 definiert mit  "schwächere  dynamische Affection im lebendigen Organismus wird durch eine stärkere ausgelöscht, wenn sie sehr ähnlich ist"; der §50  schließt dickgedruckt mit "heile durch Symptomen-Aehnlichkeit!
Hahnemanns Einleitung des Organon VI enthält den programmatischen  Auftrag: "Wähle, um sanft, schnell, gewiß und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden (homoion pathos) für sich erregen kann, als sie heilen soll!"  (Standardausgabe 1996 S.74-75)  Die Formel "Similia similibus" von 1796 steht z.B.  auch ebda S.87, der  Begriff Simillimum in §56 Anm.1 . 
In der  Pariser Vorrede 1842 und in der Einleitung des Org.VI werden etwa  30 Drogen kursorisch  erwähnt, jedoch ist Sepia nicht darunter.- 
Die Frage, was sich in der Homöopathie seit Hahnemann geändert habe, beantworte ich im Internet unter „www.simillimum.net“ . 

1.2 Umgang mit dem Repertorium  (vgl. Pkt. 4.1 und 3.5)

Zitat "Das Repertorium ist nur das Inhaltsverzeichnis für die Materia  medica." (G.v.Keller in: ZKH 1976 S.138) 
Am bequemsten studiert man die DHU-Broschüre „Arzneimittelwahl in der Homöopathie. Wege der Arzneimittelfindung“ (1996), da sie Literatur und Beispiele punktgenau anbietet. 
Otto Eichelberger bespricht die Notwendigkeit des kontrollierten Repertorisierens (in: ZKH 1968 S.256-278). 
Man mache sich mit dem Inhaltsverzeichnis des jeweiligen Repertoriums vertraut ! 
Das Kent´sche Repertorium von Keller/Künzli enthält S.XI-XXI außer einer Einführung auch  z.B. eine Gliederung des Kapitels Kopfschmerz und macht S.XVI-XX das Repertorisieren  anhand eines Beispiels vor. 
Das Complete Repertory Deutsche Buchausgabe bietet S.XXXII-XXXV Anmerkungen zum sinnvollen Gebrauch dieses  Wälzers von  3088 Seiten Rubriken. Jedem Kapitel ist die entsprechende Bönninghausen-Rubrik angehängt. 
Michael Hoffmann  nennt S.XXVI-XXVII die Stichworte Bönninghausens  für ein vollständiges Symptomenbild: benötigt werden dafür Lokalisation, Empfindung, Modalität oder Umstand und ein Begleitsymptom. 
G.v.Keller  führt  Kents Unterscheidung  mechanisches und künstlerisches Repertorisieren an (in: ZKH 1983 S.226-231) und  vergleicht die alten Repertorien Bönninghausens und Jahrs (in: ZKH 1985 S.203-211). 
Er zeigt an zwei Beispielen die Vorgehensunterschiede von Bönninghausen und Kent: 
-für Kent sind die Allgemeinsymptome, die den ganzen Patienten betreffen, immer die wichtigeren; er trennt sie in seinem Repertorium streng von solchen, die sich nur auf Teile beziehen; 
-dagegen ist für Bönninghausen die Modalität auch dann wichtig, wenn sie sich nur auf Teile bezieht (Ausnahme: die Arzneimittelprüfung ergab gegensätzliche Modalitäten, z.B. Ars.: Wärme bessert allgemein, aber Kopfweh besser durch Kühle), sein Argument war: der Patient beobachtet  bzw. schildert nicht immer sorgfältig genug. Mit seinem vollständigen Symptom erhält Bönninghausen eine größere Anzahl Mittel in der Sicherheit, keines  übersehen zu haben. 
Bönninghausens „Therapeutisches Taschenbuch“ (1846) bot mit seinen Rubriken die Möglichkeit, Symptome zu kombinieren; dahinter stand die Idee einer gewissen Einheitlichkeit (Genius eines Arzneimittels) (siehe TA Hom. S.72-73). 
Kent und seiner Generation standen mehr und ausführlicher geprüfte Mittel zur Verfügung (also mit Allgemeinsymptomen, Geistes- und Gemütssymptomen, allgemeinem Charakter der Absonderungen usw.); er warnte davor, die Mittelwahl auf nur spezielle Symptome zu gründen. Da sein Repertorium (s. TA Hom. S.102-103) umfangreicher ist, kann man in ihm nach Bönninghausen repertorisieren, indem aus den sog. großen Rubriken ausgewählt wird. 
Dr.v.Keller bietet  (in: ZKH 1975 S.275) folgendes Beispiel: ein Patient schildert nur die auffallenden Symptome 
-Wadenschmerz brennend, schlimmer durch Kälte, er beklagt noch Drehschwindel. 
Damit sind für Methode Bönninghausen die vier Hauptteile eines vollständigen Symptoms schon beisammen, während Methode Kent noch fragen muß (ja keine Suggestivfragen !) nach Gemüt, Modalität des Schwindels usw. 
Im Kent´schen Repertorium würde man nach Bönninghausen aufschlagen: 
-im II.Band  Gliederschmerzen, Empfindung nachtragen, aus  dem I.Band Modalität brennend, dann ebenso Modalität „schlimmer durch Kälte“, schließlich in I 158 Schwindel, Drehen wie im Kreis.- 
Man  merke sich das Schema Gemüt-Kopf-zu-Fuß und schlage im Zweifelsfalle nach in Theodor Ensinger, Leitfaden zu Kents Repertorium, Heidelberg 1975, 2.erw.A. 1981 u.ö. - und für die ganz Eifrigen zwei Aufsätze, 
nämlich von Theodor Ensinger, Einige Worte zu meinem Leitfaden zu Kents Repertorium, in: ZKH 1976 S.190-194 sowie 
von Jacques Baur, Das Repertorium in der homöopathischen Praxis ( in: ebda 1975 S.230-239) . 
Otto Eichelbergers großer Fragebogen  (seit 1974)  trägt kleingedruckt nach jeder Frage die Kent-Rubriken. 
Anmerkung: die Schwäche der Methode Bönninghausen und zugleich eine Übersicht über die Mittel mit widersprüchlichen Modalitäten zeigte J.K.v.Fimelsberg (in: ZKH 1983 S.188-193 in alphabetisch geordneter Aufzählung von Aesc. bis Verat.  ohne Sepia). 

1.3 Verständnis der Begriffe

-Erstreaktion: diesen Begriff finde ich n i c h t in Org.VI. 
Falls Erstwirkung gemeint war, dann ist sie zusammen mit Nachwirkung in Org.VI §63 angeführt (graphisch dargestellt in: TA Hom. S.29). 
Hahnemann warnte am Ende von Band I der CK vor zu großen Arzneigaben für eine antipsorische Behandlung (S.148) und führte in der Anmerkung als Beispiel sein eigenes Überdosieren mit Sepia an. 
Erstverschlimmerung (§280) ist sogar mit Q-Potenz  (im Zeitalter der Allergien) möglich (K.-H. Gypser über 22jährige Studentin mit Neurodermitis-Symptomen, selbst nach Sulf. VI /IX/XII ging es ihr nur schlechter, s. ZKH 1988 S.158). 
-Kunstkrankheit aus Org.VI §34 und 39: "Es wird vor Allem zur Heilung erfordert, daß sie eine der zu heilenden Krankheit möglichst ähnliche Kunst-Krankheit sei, die, mit etwas stärkerer Kraft, das instinktartige, keiner Ueberlegung und keiner Rückerinnerung fähige Lebensprincip in eine der natürlichen Krankheit sehr ähnliche, krankhafte Stimmung versetze, um in ihm das Gefühl von der natürlichen Krankheits-Verstimmung nicht nur zu verdunkeln, sondern ganz zu verlöschen, und so zu vernichten ." 
-Überstimmung finde ich ebenfalls n i c h t. 
-von Nebensymptomen handeln die §§ 95,163,167,180,181: "...diese Nebensymptome, diese übrigen, kleinern oder größern Abweichungen vom gesunden Zustande, mit ihrem Hauptübel im Zusammenhange stehen könnten." 
-vollständiges Symptom (Org. VI §7) 
"Auf drei Beinen steht der Stuhl “ (auch wenn immer ein Hocker gezeichnet ist- s.TA Hom. S.74) heißt das geflügelte 
Hering-Zitat (A.Braun S.95), Anspielung auf Constantin Hering (1800-1880) und sein Vorwort zu seinen Guiding Symptoms, dt.Übersetzung von Fr. Rene´e v.Schlick, Aachen, S.14 mit dem Tafelanschrieb Empfindungen, Orte und Gewebe, Begleitumstände, Umstände oder besser Modalitäten. 
Cl.M. v.Bönninghausen (1785-1864) hat das lateinisch ausgedrückt in den Fragewörtern cur?quis?quid?quibus auxiliis?quando et quomodo?
(zit. in: ZKH 1968 S.158 und als  Hexameter-Merkvers in TA Hom. S.73). 
"Symptomen-Inbegriff" meint nach Org. VI §104  die Gesamtheit der Symptome; nach § 153 werden die charakteristischen herausgehoben. 
James T.Kent (1849-1916) hat dies für die Didaktik erschlossen. 
Einseitige Krankheiten bieten auffallend wenige Symptome (§172). 
Man lese A.Braun S.94-111 ! 

1.4 Arzneimittelprüfung (Org. VI §§ 105-108)

Succus Sepiae/Inhalt des Tintenfischbeutels ist ausführlich geprüft und aufgezeichnet von Hahnemann selbst in "Chronische Krankheiten": 
erste Auflage (1828-1830) mit 1242 Symptomen, zweite Auflage (1835-1839) Band V mit weiteren 413 Symptomen,also insgesamt 1655 Symptome von 5 Mitbeobachtern ohne Angabe der hom.Potenz. 
C.Hering zählt 1201 Symptome auf, darunter solche durch Heilung bestätigte. 
Amerikanische Nachprüfung 1874, im Jahr darauf veröffentlicht : geprüft von C3 bis C200 (laut E. Farrington S.114). 
Arzneiwirkungsdauer in der Arzneiprüfung: 
-das erste Prüfungssymptom erschien nach 2 Stunden (Nr.1484: sie ward müde und mußte sich legen, vormittags), das letzte Prüfungssymptom nach 40 Tagen (Nr.1591: nachts kann sie vor Husten kein Auge zutun), sehr kurzzeitig war Symptom Nr.1417(Hitze in der Spitze der linken Zehen, die wie ein elektrischer Funke schnell durch die linke Seite bis in  den Kopf fährt und dort lästige Schwäche zurückläßt; nur eine halbe Minute dauernd) 
Prüfungen des 20.Jh. findet man aufgezählt in Fritz Donner , Quellenverzeichnis  (Berlin 1937) (wiederholt in:  Julius Mezger, GHA S.1311): 
-Allen, Encyclopedia Band 8 S.600 
-Hughes, Cyclopedia Band II 
-Borridge (1871) und Robinson (1867) 
-Groß; Hartlaub und Trinks, RAML 1; Meyer, AHZ 78 S.145 
und in J. Sherr S.130: moderne Nachprüfung 1985 von  Drexler und Parschalk. 
Moderne Positiv-Monographie vom 28.8.1990
Sepia ist also aufgenommen (früher in das HAB 1, Nachtrag 1991, heute) in das HAB 2000 s.v. S  . 

 Arzneimittelherstellung

Spezialhändler, die auf Booten im Atlantik auf Höhe der Kanaren oder im Pazifik vor Thailand für Tieffrieren sorgen, bieten die Ware (getrocknetes Sekret der Tintendrüse von Sepia off. L.) an, die sterilisiert und nach Identitätsprüfung  entsprechend Vorschrift 6 verrieben wird (flüssige Zubereitungen nach Vorschrift 5a, wäßrige Lösungen nach Vorschrift 5b mit Zusatz „aquos.“). 

1.5 Arzneimittelkenntnis

Abbildungen zeigt etwa das sechsbändige Lexikon „Urania Tierreich“ 1.Band  Leipzig/Berlin/Jena 1993, hrsg. H.-E. Gruner  S.593-598 Fam.nat. Sepiidae aus der Klasse Cephalopoda/Kopffüßler: 
-S.594: an eine Wurzel angeheftetes Eigelege und S.596: Paar des gemeinen Tintenfisches in charakteristischer Balzfärbung .- 
In der TCM ist Os Sepiae (chin. wu tsei ku)/ mineralisierte Schale verschiedener Tintenfische gebräuchlich; es ist Geschwüre zusammenziehend, insbes. gynäkologische Blutung stillend (s. Manfred Porkert, Klinische Chinesische Pharmakologie S.480). Ein Rezeptbeispiel steht in Ztschr "Der Heilpraktiker", Bochum, Juni 2001 S.66 . 
Sepia als „Der Schwarze Räuber-Fisch aus Leizhou“ aus einem chinesischen Arzneibuch des 13.Jahrhunderts ist abgebildet in: Paul U.Unschuld, Chinesische Heilkunde Teil 5 (zit. in: Ztschr Report Naturheilkunde 3/2001 S.29). 
Sepia hom. ist beschrieben in Otto Leesers Lehrbuch der Homöopathie, Teil C S.45-60; dort rekurriert man auf den Nebennieren-Insuffizienz-Typ. 
Die Literaturangabe des Complete Repertory verzeichnet keine Sepia-Studien. Krankengeschichten zu Sepia s.unten Pkt.5.1 und 5.2 
Das Toxikologie-Buch von W. Forth et al. (1992) habe ich gerade nicht zur Hand.
Sepia hom. ist in Tief- und Hochpotenzen gebräuchlich (s.u. Pkt. 3.7). 
Es gibt (in: ZKH 1968 S.107) die Bemerkung Wolfgang Schweitzers, Sepia solle nicht unter D18 gegeben werden. Aber (in: ebda 1972 S.62) nannte Martin Stübler Sepia D12 als Zwischenmittel für Blasenincontinentia, die während der Nos. Botulin. und Phosph. nicht gebessert war.Dies bestätigte Dietr. Berndt (in: ebda 1973 S.165). 
Bei primärer Sterilität wird sogar Sepia D8 verordnet (Karl Kleinschmidt, in: AHZ 1987 S.159-160, so auch Julius Mezger, GHA S.1316). 
Historische Zeitangaben zur Wirkdauer 35-40-50-60 Tage (in: ZKH 1967 S.61) sind vielleicht Anhalt, aber heute entscheidet einzig das Befinden moderner PatientInnen (so K.-H. Gypser, in: ZKH 1989 S.75). 
In dem Übersichtsartikel "Die homöopathische Behandlung der Tumoren" (in: ZKH 1976 S.95-109) ist Sepia nicht aufgeführt. 
Lieblingsfarbe (nach H.V.Müller): meist Preußischblau (21F7), auch sehr dunkles Blau 19F8 nach  Taschenlexikon Kornerup (zit. in: Die Farbe als Mittel zur... Bd.II S.247) 
Weihe´sche Schmerzpunkte (nach Bauer, zit. in: ZKH 1988 S.117): 
-1)bilateral: Vorderteil des Processes coracoideus vor dem Scapula-humeral-Gelenk 
-2) nur links: die Mitte der Strecke Nabel-Pkt. Calc-phos (Höhe des Os coxae) 
Prädilektionsorte nach P.Schmidt : Achselhöhlen, Leber, Uterus (zit. in: ZKH 1960 S.267) 

1.6 Differentialdiagnose

Jede anspruchsvolle Mitteldarstellung  bietet auch eine homöopathische Differentialdiagnose, ob nun als Materia medica pura in Stichworten wie Der Neue Clarke Bd.9 S.5185-5238 s.v. Beziehungen S.5193-5196 oder 
ausformuliert Ernst A. Farringtons 10. und 11. Vorlesung am Hahnemann Medical College in Philadelphia . 
Zu den Verwandtschaften zitiere ich Der Neue Clarke S.5196: 
-es folgen gut: Nit-ac. 
-Sepia antidotiert:  Calc., chin., merc., nat-m., nat-p., sars., sulph. 
-Sepia wird antidotiert durch:  Acon., ant-c., ant-t., rhus-t. und durch Riechen an: Nit-s-d 
-komplementär ist:  Nat-m., nat-c., andere Natriumsalze, sulph. 
-inkompatibel ist Lach. 
Fr. Dr. Margery Blackie (1898-1982) (Nachruf in: DtJfHom 1/1982 S.44) differenzierte in ihrem Band "Lebendige Homöopathie"  S.143-150 die drei Mittel Lilium-tigr., Natrum-mur. und Sepia (vgl. auch ebda S.327-329). 
So einfach sich ihr Text anhört, sie hat fast nur Prüfungssymptome in vollständige Sätze verarbeitet. 
Sie  bezog sich dabei auf Dr. Nils Borland. 

1.7 Möglichkeiten und Grenzen der Homöopathie 

Zitat „Etwas ist lebendig nur, insofern es den Widerspruch in sich trägt.“  (G.W.F.Hegel) Und: in einer patientenorientierte Heilkunde ist Pluralität eine unverzichtbare Chance, z.B. für eine „Zug-um-Zug-Therapie“. 
Da Homöopathie unter den vier Prinzipien ärztlicher Krankenbehandlung Eliminatio, Substitutio, Directio und Stimulatio zur Reiztherapie zählt, findet sie ihre Grenzen dort, wo ein Organismus nicht (mehr) auf Reize antwortet. Als diese Grenze benannte Dr. Walter Hess die modernen unheilbaren Seuchen Beschleunigung (durch Auto, Flugzeug, Computer) und eine Patientenhaltung, die ihre Pfleger an sich bindet - die Pfleger müssen für sie die totale Verantwortung übernehmen (s. Kollektivkrankengeschichte Nr.35). Der schwäbische Enkel eines solchen Patienten hatte es eindeutig formuliert: "Der darf alle kommandieren und muß selbst nichts tun." 
Dr.Hess: "Diese Einstellung macht den Menschen unheilbar." 
Die andere Grenze markieren Notfälle, sie verlangen moderne Techniken wie Reanimation, moderne Anästhesie,Chirurgie, Intensivmedizin mit Antibiotica, moderne Chemotherapie zur Schmerzlinderung usw. 
Heilung bietet Homöopathie also akut wie chronisch Kranken und ist für  Vorbeugung wie Rehabilitation zuständig (vgl. das Gebäude der Homöopathie mit drei Säulen der Prinzipien und sieben Stufen der Ähnlichkeit  in: ZKH 1979 S.93). Ungefähr vergleichbar hat diese Abgrenzung der Taschenatlas Homöopathie S.18-19 dargestellt mit Homöopathie als regulativer Arzneitherapie gegenüber dem "Vorrang kausaler Arzneitherapie" (etwa für meldepflichtige Infektionen wie Syphilis oder Malaria). 
Könner der Homöopathie durften/dürfen (?) markig  wie Prof. Alfons Stiegele (1871-1956, Nachruf in: AHZ 217/1972, s.auch TA Hom.S.187,190) antworten, nach den Grenzen der homöopathischen Heilweise gefragt: "Ich kenne keine Grenzen der Homöopathie, ich kenne nur meine eigenen!" (zit. in A. Braun S.45). 
Ist das ein Nachhall des doktrinären Org. VI § 52, es gebe nur zwei Haupt-Curarten, nämlich die allöopathische und die göttliche Homöopathie ? 
Der oben zit. Münchner Prof. Manfred Porkert sieht Homöopathie als Sproß der Galenischen Medizin neben moderner Chemomedizin in ideeller Reihe mit indischem Ayurveda und chinesischer Medizin (s.o.S.78). 
Aufklärend und unbedingt lesenswert sind die beiden Aufsätze von 
-Adolf Voegeli, Die Grenzen der Medizin, in: ZKH 1976 S.155-163, Forts. S.205-211 
-und noch deutlicher angesichts der chemischen und physikalischen Belastung von Boden, Wasser, Luft und Muttermilch (toxische Gesamtsituation nach Prof. F. Eichholtz 1956)    sowie Arzneiskandalen mit dem Synonym Contergan (und noch v o r  Lipobay) Benno Wipp, in: ZKH 1980 S.27: "Ich habe gewissen Kreisen in der Medizin den Vorwurf nicht ersparen können, sich zum Handlanger der pharmazeutischen Großindustrie herunterspielen gelassen zu haben. Ich habe aus meiner Assistentenzeit noch immer meine damaligen akademischen Lehrer im Ohr, wenn sie sagten, eine Arbeit für eine pharmazeutische Firma sei eines akademisch gebildeten Arztes unwürdig und versklave im Nu den ganzen Ärztestand... noch ein Wort zur Contergan-Geschichte: In allen Ländern der kultivierten Welt wurden die Hersteller zu hohen Geldstrafen verurteilt; in der Bundesrepublik nicht." 
Dieser Kapitalismuskritik trat Dr.K.Gebhardt (als Verbandsfunktionär?) entgegen (in: ebda S.226-229). 
Den Zeitpunkt, ab dem Ärzte auf  alleinige Arzneibestimmung zu verfügen verzichteten, kann recht genau in den Memoiren von Carl Ludwig Schleich, Besonnte Vergangenheit, nachgelesen werden, nämlich seit Mitte der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts. 
Damit dies nicht nach billiger Polemik oder gar Häme aussieht: 19 Jahre nach seiner Entgegnung erinnerte Dr.Gebhardt selber im Vorwort zur Ztschr "Erfahrungsheilkunde. Acta medica empirica" Bd. 48/1999 H.3 an etwa 100.000 Tote durch Arzneiwirkungen  pro Jahr in den USA - und das war noch v o r Lipobay unseligen Gedenkens ! 
Anmerkung: Hanns Kaiser/ Norbert Klinkenberg, Cortison. Die Geschichte eines Medikaments, Darmstadt 1988 

Therapiehindernisse
Zitat:“Demjenigen, der seine Ohren der Wahrheit bewußt verschließt, werden sie auch nicht durch die Posaunen von Jericho geöffnet werden, oder mit anderen Worten, daß nicht sein kann, was nicht sein darf.“  (H.-O. Spitzmüller in: ZKH 1962 S.258) 

Über die "Nemesis der Medizin" hat Ivan Illich ausführlich  1976 geschrieben, iatrogene Schädigungen hat David Spain zusammengetragen. 
Immer häufiger hindern stark wirksame Medikamente mit ihren sog. deutschen Nebenwirkungen (translate it into english ou traduisez-le en francais! Spätestens dann bemerken Sie, daß das Arzneiwirkungen sind) die heilenden Homöopathica, z.B. beschrieben von PULS. (in: ZKH  1984 S.13 und 191). 
P. Sankaran führte Sepia als Beispiel 2 in scheinbar oder tatsächlich aussichtslosen Situationen an, und zwar für das auslösende Symptom "schlimmer nach gekochter Milch “  laut Phatak (in: ZKH 1967 S.217); als  Quelle gab er C.M.Boger, Boenninghausens Characteristics, an. 
Im Synth.Rep. II 244 steht J.H.Clarke verzeichnet, während das Complete Repertory S.3040 zwei Mittel mit folgenden Quellen enthält: 
je einwertig Nux-mosch. von S.R.Phatak und Sepia von A.W.Holcombe (falls hier kein Druckfehler  in der Numerierung  des Literaturverzeichnis des Cl Rep vorliegt). 
Ad fontes ! Dieses Symptom stand schon in CK Symptom 560, ähnlich 731. 
Selbstredend war Sepia mit dem Hinweis Milchverschlimmerung von Prof. Alberto Lodispoto in seinem umfangreichen Artikel "Diät und Homöopathie "(in: ZKH 1960 S.95-141) angegeben (ebda S.98 und 135). 
Ebenfalls einwertig ist Sepia bei Symptom "überempfindlich gegen Hochpotenzen" angeführt, und zwar im Synth. Rep.II Sp.343 und im Complete Rep. S.2830 (Quelle: J.T.Kent). 
Die sehr umfangreiche Anmerkung zu Org. VI §260 zählt die Schädlichkeiten in der Lebensführung auf, die chronische Krankheit im Gang halten. Zumindest die drei C sollten mir einfallen: Coffea, Camphora, Cortison - und dann Auswege wie mentholfreie Zahnpasta, Ermunterung zu (zeitweiser) vegetarischer Kost, evtl. Fasten unter Anleitung, 1 1/2 bis 2 Liter Flüssigkeit täglich, geregelter Tagesablauf. 
Karl Stephan, Königsfeld, empfahl, das Heilgeschehen grundsätzlich unter dem Motto "Erst Abbau (Dissimilation), dann Aufbau (Assimilation) in individuell dosiertem zeitlichen Rhythmus" anzugehen (Ulm/D. 1959). In seinem immer noch lesenswerten Aufsatz "Homöopathische Arzneiwirkung einst und jetzt" (in: ZKH 1958 S.174-182) beschrieb Albert Nobel, Oberstaufen, den Verlust von Maß als Zivilisationskrankheit, an seiner Stelle Hast und Mast, und forderte als unabdingbare Voraussetzung von Gesundung, daß sich der Kranke bekehre und sich radikal von Hast und Mast ab zum anthroponomen Leben hinwende. 
Wem fällt da nicht Joh. Peter Hebels  Lindwurm-Diagnose mit der Fußwanderung samt mäßiger Ernährung als einzig erfolgreicher Therapie ein (nachlesbar im "Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes" 1811), wer wagt so mit seinen  heutigen Patienten zu sprechen ? 
Dennoch ist es besonders erfreulich, wenn gerade für Kinder selbst langwierige Hauterscheinungen ohne Diät usw. ausheilen (als Beispiel  66.Fall aus Eichler für  einjähriges Mädchen, das  zweimal Sepia C200 und danach einmal M erhielt, sowie für Erwachsene s.u. Pkt.5.2: 18.Fall aus Eichler S.92-94) - als Gegenstück (?) zu provozierter Verschlimmerung und dann  tierisch-eiweißfreie Vollwertkost in Schwarzwaldklinik (s. Wolfgang Spiller, Neurodermitis. Krankheit ohne Ausweg ? Schach den Allergenen 1987). 

Unverzichtbar und eine Schmälerung der Homöotherapie ist es,  „Unterdrückung“   unerwähnt zu lassen , denn 
-unverzichtbar ist hier Homöopathie, weil die Klinik gar keinen Begriff von Unterdrückung hat (was in Notsituation legitim und lebensrettend sein kann), damit aber auch  keinen  heilsamen Zugang zur Chronifizierung bekommt, und 
-die Lebenswirklichkeit weist genügend Fälle vor, in denen  der therapeutische Rückgriff ad fontes, zurück zu den Quellen oder Ursachen der Störung eine  Reaktionsstarre oder Chronifizierung aufgebrochen oder sogar aufgehoben hat (durch Nosoden, durch Nat-s. bei Folgen von Commotio   siehe Synth.Rep. II 303   usw.). 
Unverzichtbar zum Verständnis dieser Säule der Homöotherapie sind die beiden Fleißaufsätze von 
-Georges Hodiamont,  Über Unterdrückung (in: ZKH 1968 S.109-122) und direkt anschließend von 
-Theodor Ensinger die Liste der „Unterdrückung bei Kent “ (ebda S.122-125); 
bezogen auf die Kent-Übersetzung von Keller/Künzli verzeichnete Ensinger 160 Unterdrückungssymptome, von denen ich im Folgenden die sepia-haltigen Symptome aufzähle (Druckfehler von S.123 und 124 korrigiere ich stillschweigend): 
a) G.Hodiamont hatte  19 Beispiele für Folgen unterdrückter Hautausschläge angegeben, darin Sepia bei 
- WEHTUN Rücken nach unterdrückten Menses, in KENT 2/370 zweiw. bzw COMPLETE REPERTORY 2119 o.Q. 
-EXTREMITÄTEN, Muskellähmung, Bein allgemein, in 2/504 einw. bzw. 2263 o.Q. 
-GESICHTSSCHMERZ nach unterdrückter Malaria, in 2/124 einw. bzw. 936 ohne Sepia ! 
b) Ensingers sehr viel längere Liste enthält Sepia bei 
-nach Unterdrückung von HAUTausschlägen allgemein schlimmer, in 2/191 zweiw. bzw. 2745 o.Q. und auch 2875 
-darin Lähmung einseitig, in 1/425 einw. bzw. 2261 ohne Sepia ! 
-darin Manie, Wahnsinn, in 1/143 zweiw. bzw. 206 ohne Sepia ! 
-nach U. von flüchtigem EXANTHEM, Friesel, in 2/180 ohne Sepia, nur in allgemeiner Rubrik in 2/179 einw. bzw. 2748  mit Quelle Hahnemann 
-nach U. von FUßSCHWEIß allgemein schlimmer, in 2/526 dreiw. bzw. 2302 o.Q. 
-darin Schnupfen verstopft, in 3/184 zweiw. bzw. 845 und 884 
-nach U. von GEMÜTSBEWEGUNG Schlafwandeln, in 1/86 dreiw. 
-nach U. von GONORRHOE  Gliederschmerzen rheumatisch, in 2/563 zweiw. bzw. 2547 o.Q. 
-darin Prostatitis, in 3/668 zweiw. bzw. 1613 o.Q. 
-nach U. von HÄMORRHOIDEN Blut im Urin, in 3/717 zweiw. 
-nach U. von MENSES allgemein schlimmer, in 3/768 zweiw. bzw. 1712 nach H.Minton (1906) 
-darin Herzklopfen, in 2/225 einw. bzw. 1926 o.Q. 
-darin Nasenbluten, in 3/152 einw. bzw. 857 zweiw. o.Q. 
-darin Ruhelosigkeit, in 1/85 einw. bzw. 250 o.Q. 
-darin Rückenschmerz, in 2/322 zweiw. bzw. 2060 o.Q. 
-darin Schwermut, in 1/92  einw. bzw. 325 o.Q. 
-darin Schwindel, in 1/165 einw. bzw.440 o.Q. 
-nach U. des Schnupfens allgemein schlimmer, in 3/171 zweiw. bzw 884 einw. o.Q., so auch 3/181 einw. bzw. 844-845 
-darin Kopfweh, in 1/262 einw. bzw. 555 o.Q. 
-bei KATARRH  Zurücktreten des Hautausschlags, in 3/174  Sepia zweiw. einzig bzw.852 o.Q. (allerdings: in dt.Übersetzung von C.Herings Guiding Symptoms Band 9 S.322 steht das als letzte Bemerkung des Abschnitts NASE o.Q.) 
-nach U. des SCHWEIßES  allgemein schlimmer, in 1/520(und 2/61 und 2/73) dreiw. bzw. 3016 o.Q. 
-nach U. des ZORNS Beschwerden allgemein, in 1/151 einw. bzw. 59 o.Q. 

Vielleicht  bekommt allein aus dieser Sepia-Aufzählung die Bemerkung  von Hui Ben Hoa Gewicht: der große Gibson Miller  pflegte auf die Illustrierten-Insel-Frage Sepia vorzuschlagen (und Hui Ben Hoa hängt an: heutzutage würde er wahrscheinlich die Nosode Carcinos. vorziehen) (zit. in: ZKH 1964 S.35). 
Wenn wir schon bei der Aufzählung bestätigter Sepia-Symptome sind, dann darf  (seit dem Frühjahr 2001) Georg v.Kellers Buch „Erlebte Homöopathie. Fälle aus 60jähriger Praxis“ mit acht Sepia-Fällen (S.123-128  von fünf Frauen und  drei Männern) herangezogen werden. 
Aus den Symptomen der CK und der GS erkenne ich  darin 
- Druck und schweres Gewicht oder dumpfe, drückende Schmerzen in den Eierstöcken (GS S.337) und: Schmerz mitten im Bauche, von Nachmittag bis Schlafengehen; es lag wie ein Klumpen fest... (CK Sy 666) 
-Gefühl, als sei die Blase voll und der Inhalt würde über die Schamgegend herausfallen, mit ständigem Verlangen, denselben zurückzudrängen (GS S.334) 
-große Gleichgültigkeit gegen alles, kein rechtes Lebensgefühl (CK Sy 59) 
-sehr gleichgültig gegen alles, teilnahmslos und apathisch (CK Sy 61) 
-hatte den ganzen Tag das Gefühl, als sei es ihm gleichgültig , was geschieht; kein Verlangen zu arbeiten, unaufmerksam, geistesabwesend; indolente Gemütslage (GS S.310) 
-er war zerstreut, sprach unrichtig und verwechselte die Worte (CK Sy 67) 
-er denkt Dinge, die er nicht denken will, spricht in Ausdrücken, die er besser weiß, nimmt sich zu tun vor, was wider seine Absicht ist, und befindet sich so mit sich selbst im Widerstreit und daher in sehr unangenehmer, unruhiger Stimmung (CK Sy 68) 
-Kopfweh alle Minuten einmal, das wie aus dem Rücken herauf kam (CK Sy  103) 
-starke Stiche im Hinterhaupte, nach dem Scheitel zu (CK Sy 168) 
-ein einzelner Stich durch den Kopf zuweilen (CK Sy 169) 
-heftiges Stechen über der linken Augenhöhle heraus (CK Sy 174) 
-Druck über den Augen, wenn er in hellem Tageslichte geht (CK Sy 212) 
-Drücken, Hitze und Flimmern in den Augen, wie tausend Sonnen (CK Sy 213) 
-er sieht nur die eine Hälfte der Gegenstände gut, die andre ist ihm dunkel (CK Sy 260) 
-bei der Regel wird ihr abends schwarz und dunkel vor den Augen, bei großer Schwäche, die im Liegen vergeht (CK Sy 929, 1463) 
-in der Ruhe und im Liegen war ihr am wohlsten (CK Sy 1462) 
-besser durch körperliche Anstrengung (vgl. CK Sy 1381) und 
aus Allen das Symptom „Eine einzige Gabe der Medizin raubt mir meinen Antrieb, ich möchte ganz einfach überhaupt nichts tun“  (auch zitiert in dem Sepia-Fall Aufgeregtsein, in: ZKH 1976 S.138). 
 

II. Besonderheiten der Anamnese

1.Besonderheiten der homöopathischen Anamnese (Org. VI §71, dann §83-99) 

Anders als eine Sechsminutensprechstunde soll der/die PatientIn angehört werden (Spontanbericht nach §§83-85, dann gelenkte Befragung nach §86, auch Fremdbericht und/oder Vorbericht) - siehe TA.  Hom. S.24-27). 
Ausnahme von dieser individualisierenden Untersuchung eines Krankheits-Falles wäre eine epidemische Seuche (§100). 
Sepia weint beim Schildern ihrer Symptome - siehe Synth.Rep. I 1088: 
kali-c., med., PULS.,SEP., ebenso Cl Rep. 410. 
Fr.Dr.Hedwig Imhäuser (1903-1988) hat die Anamnese in der kinderärztlichen Praxis vorgetragen (in: ZKH 1981 S.60-73) und in Handbuchform beschrieben: Homöopathie in der Kinderheilkunde. Aus der Praxis - für die Praxis, orig. Heidelberg 1970 (seitdem mehr als sieben Auflagen), in der 6.Aufl. 1984 S.11-18. 
Wem das nicht ausführlich genug ist, der halte sich an die englischen Erfahrungen von Donald M. Foubister, Homöopathische Anamneseerhebung bei Kindern, in: ZKH 1962 S.64-77. 
Fragebögen helfen, Patientenangaben zu ordnen und einen Überblick zu gewinnen; sie können die Kunst des Befragens pflegen (Pierre Schmidt, in: ZKH 1960 S.160-175 incl. 50 Fragen zum Einstieg). 
Im Deutschen sind die W-Fragen unverzichtbar, weil sie individualisieren, z.B. wie tut´s weh ? Schmerz ist eben eine individuelle Äußerung. 
Sicher ist der §7 der beschwerlichste (A.Braun S.72), da er die Gesamtheit der Beschwerden verlangt, aber daran hängt der Ganzheitscharakter der Homöopathie (s.§104): "Die kunstgerechte Aufnahme der Anamnese als Voraussetzung zur Findung des Simile" (Otto Eichelberger in: ZKH 1967 S.114-122, 150-164). 
Vor Beginn einer Behandlung stehen mindestens drei Fragen (A.Braun S.78):
-Was ist das zu Heilende (Krankheitserkenntnis)? 
-Welche Ursachen oder Anlässe sind entfernbar ? 
-Gibt es Hindernisse der Genesung, die ausgeräumt werden können, um ein Rezidiv zu vermeiden ? 

2.2 Anamnese in akuten  Krankheiten

Als Beispiel für die rasche Befragung anläßlich einer Verbrühung schildert A. Braun S.88-89 sein Vorgehen im Sonntagsdienst. Die rasche Abheilung rechtfertigt dies. 
Sicherlich ist Abortusneigung im 7.Monat eine vergleichbare Not: nach P. Schmidt Sepia M (in: ZKH 1980 S.129)wie in Kent III 773 und Cl Rep. S. 1669. 
Akute Schmerzaufhebung  bestätigt die Sepia-Modalität "besser durch heftige Bewegung" (vgl. CK Symptom 1381): 
-Frau spielte bei akutem Lumbago Tennis, 
-Patient mit akuter Nierenkolik hat während des Tanzens keine Schmerzen, 
-trotz oder wegen Trigeminus-Schmerz schippt Patient seine neuen Briketts vom Bürgersteig weg und trägt sie in den Keller, 
-Junge mit abklingender Pneumonie findet im Herumlaufen Erleichterung 
(P.Schmidt, in: Horst Barthel, Homöopathische Schätze  S.214-215). 

2.3 Anamnese in chronischen  Krankheiten

Zitiert sei wieder A.Braun mit S.92 (nach Unterscheiden der Hochschulpathologie und der homöopathischen Krankheitslehre): 
"Die Verlagerung des therapeutischen Angriffsortes von der Läsion zum Prozeß bedingt auch beim Kranken einen anderen Ausgangspunkt für die Arzneimittelwahl. 
Der homöopathische Arzt wählt nach den von HAHNEMANN im "Organon der 
Heilkunst" gegebenen Anweisungen aus der Gesamtheit der Zeichen und Symptome des Kranken  "die auffallendern, sonderlichen, ungewöhnlichen und eigenheitlichen (charakteristischen)" heraus, um anhand dieses qualitativen Symptomen-Inbegriffs, dieses Repräsentativs der Krankheit, das heilende Simile unter den Arzneien zu bestimmen." 
Beispiele: 
Walter Hess entdeckt das Sepia-Symptom CK 31 "Verzweiflung über seine armselige Existenz" als Simile für eine erschöpfte Krankenschwester mit Suizidneigung im Angesicht der Schönheit des Pazifiks (in: ZKH 1984S.108-112). 
Der zur argentinischen Schule T. Pascheros zählende Arzt Z.J.Bronfman findet bei Uruguayerin mit klinisch gesichertem Lupus erythematodes disseminatus in Sepia (drei Gaben ungenannter Potenz) das syphilitische Miasma angegangen. "Das Verschwinden der Symptome, auf Grund derer wir das Mittel verordnet haben, kann Heilung oder Unterdrückung der Symptome anzeigen. Aber n u r  das Verschwinden des Grundleidens, der Psora, mit dem Wechsel des eigenen Existenzgefühls zeigt H e i l u n g  an." (zit. aus: ZKH 1985 S.142). 
 

III. Schritte zur Verordnung

3.1 Fallanalyse
Zitat „Es gibt zwei Eingänge. Der eine ist in den geschriebenen Büchern, der andere ist in der Natur.“ (Paracelsus) 

Hahnemann postulierte (in Org. VI §10) eine Lebenskraft vis medicatrix naturae, sie sei mit dem lebenden Organismus eins (§15). 
Eine solche Selbstheilungskraft kennt  etwa die antike chinesische Medizin nicht, denn : 
"Die Allegorie von Körper und Staat bedingt höchste Wachsamkeit und sofortige Eingriffsbereitsachaft schon bei den geringsten Abweichungen von einem als normal gedachten Zustand." (zit. aus Paul U. Unschuld, Chinesische Medizin, München 1997 S.30) 

3.2 Causa

Wenn ich das Verzeichnis Auslösender Ursachen-Folgekrankheiten nach Kent (in: ZKH 1980 S.79-84) von Otto Englisch durchsehe, dann findet sich Sepia bei 25 Anlässen: 
-AUGEN, entzündet katarrhalisch ,in KENT 3/12 bzw. COMPLETE REPERTORY 678 Sepia einwertig als Quelle 1=Hahnemann CK Sy 235 
-BEWUßTLOS bei Knien in der Kirche, in 1/19 bzw.2938 2w., einzig, Q: Kent, Unterrubrik
-EXTREMITÄTEN, Folge von Klavierspielen, in 2/507  einw. bzw. 2931 zweiw. o.Q. 
-FIEBER durch Ärger, in 2/51  zweiw. 
-FIEBER durch Zorn, in 2/54 zweiw. bzw. 2705 dreiw. o.Q. 
-GESICHTSSCHMERZ  infolge unterdrückter Malaria, in 2/127 einw. bzw. 936 ohne Sep.! 
-KOPFBESCHWERDEN durch Erkälten, in 1/247  einw. bzw.548 o.Q. 
-KOPFSCHMERZ durch Haareschneiden, in 1/252 einw. bzw.547 zweiw. o.Q. (in CR 2873 zweiw. nach Bönninghausen) 
-KOPFSCHMERZ  infolge Klimakterium, in 1/254 einw. bzw. 549 zweiw. o.Q. (in CR 1694 nach  Caroll Dunham) 
-KOPFSCHMERZ infolge Klimakterium durch Säfteverlust, in 1/255 einw. bzw.549 zweiw. o.Q. 
-KOPFSCHMERZ durch Mißbrauch von Psychopharmaka, in 1/259 einw. bzw. 552 o.Q. 
-NÄSSE, Naßwerden, Folge , in 1/516 dreiw. bzw.2852 nach Bönninghausen 
-ONANIE, Masturbation, in 1/516 dreiw. bzw. 2929 o.Q. 
-SÄFTEVERLUST, in 1/518 dreiw. bzw. 2867 o.Q. 
-SÄUGLINGE, Krankheiten bei, in 1/518 zweiw. bzw. 2958 ohne Sepia ! 
-SCHWEFEL, Folgen Mißbrauch von, 1/520 einw. bzw.2823 o.Q. 
-SCHWEIß, Unterdrückungsfolge, in 1/520 zweiw. bzw. 3016 dreiw. o.Q. 
-SCHWEIß, Folge von Unterdrückung, in 2/16 dreiw. 
-SCHWEIß durch Schmerzen, in 2/72 zweiw. bzw. 2726 dreiw. o.Q. 
-SCHWEIß durch Zorn, in 2/73 zweiw. einzig bzw. 2727 dreiw. einzig o.Q. 
-SCHWERMUT durch Musik, in 1/92 einw. bzw.336 o.Q. 
-SCHWINDEL bei unterdrückten Mens., in 1/165 einw. bzw. 440 o.Q. 
-VERDORBENER MAGEN nach fetten Speisen, in 3/453 zweiw. bzw. 1261 nach CK Band V S.170 

Homöopathen sind sich einig, daß sie sich unbedingt bemühen sollten, causal zu therapieren - siehe oben Bönninghausens lateinische Fragewörter, deren e r s t e s eben "cur?" (warum?) heißt . 
Diskussion über kausal-mechanisches  und teleologisches Denken  siehe  TA Hom. 
S.122-123 und A.Braun S.99 mit Verweis auf Org. VI §5 und auf S.100-101 mit Verweis auf aetiologische Rubriken in 
- Kents Repertorium 
s.v. GEMÜT, Schreck, Beschwerden durch... bzw. 
- Synth. Rep. I Sp.13-24 
Beschwerden infolge von:... . 

3.3 Symptomenauswahl (Gesamtheit der Symptome, pathognomische und individuelle Symptome) 

Die Philosophie lehrt: so wie ich frage, lege ich den Horizont der 
Antwort fest (und: wir leben nicht in der Welt, sondern in der Welt unserer Vorstellung) . 

Prof. Manfred Porkert verwies, um die Andersartigkeit der chinesischen Medizin zu verdeutlichen, auf den amerikanischen Linguisten Benjamin Lee  Whorf, dem das Studium der Indianersprachen eine neue Welt eröffnet hatte und er feststellen mußte, daß jede Sprache den Menschen, die sie sprechen, Grenzen der Erkenntnis setzt, die er nicht überschreiten kann, wenn er sich nicht von den Befangenheiten und Fesseln dieser Sprache  zu lösen vermag (M.Porkert, Die chinesische Medizin S.323). 
Und wenn ich Mann dann noch erwäge, daß sich  (fast)alle Ehefrauen beklagen, ihr langjähriger Göttergatte würde ihr nicht zuhören - wovon sprechen wir dann überhaupt? 
Die Gesamtheit der Beschwerden kann mit Hilfe umfänglicher Fragebogen (von O. Eichelberger, E. Schwartz usw.) ermittelt werden  (s.o. Pkt.1.2).Aus dieser Totalität  sind ungewöhnliche und charakteristische Symptome maßgebend (§153); sie müssen im Arzneimittelbild enthalten sein . Der Gemütszustand ("Symptom der Geistes- und 
Gemüths-Veränderungen" §213) muß passen. 
Beispiel: Prof.H.V.Müller, Köln (1921-2000), hob in seinen SEPIA-Fallbeschreibungen immer auf ihr kompromißloses Gerechtigkeitsstreben ab und verwies dazu auf den Washingtoner Liga-Vortrag von Fr.Dr. Jacqueline Barbancey (Übersetzung abgedruckt in: ZKH 1975 S.89-97), so in seinem Band "Homöopathische Psychotherapie Band I: Sepia" von 1986 (unverzichtbar wegen der Porträtphotos S.100-113) auf S.46,59 und in seinem Sammelband II "Die Farbe als Mittel zur Simillimumfindung in der Homöopathie" von 1992, Fall 23 S.245 . 
Dazu finde ich im Cl Rep S.345 unter "kann keine Ungerechtigkeit ertragen" 30 Mittel, davon Sepia 1w. mit Hinweis auf Oscar Hansen1899, eine Ergänzung zu Dr.A.C.Cowperthwaite´s Materia medica. Das Synth.Rep. I633 enthält zu diesem Symptom nur die drei Mittel ign., nux-v. je 1w. und staph. 2w. 
Kent I147 bewertet s.v. "verträgt keinen Widerspruch" Sepia 3w. 
Fr.Dr.Barbancey, Bordeaux, sprach "von meinen eigenen Erfahrungen" (s.o.S.90). Sie wurden offenbar von Prof. Müller bestätigt gefunden. 
Von der Idee der Störung, dem roten Faden her paßt das zur Sepia-Modalität "geht aufs Äußerste" (s.o.die Fälle, von P.Schmidt angeführt unter Pkt.1.5). 
Es geht uns doch hoffentlich nicht wie in jener Anekdote, die A.Lutze (1813-1870) in "Hahnemanns Todtenfeier" von dem reichen Lycopodium-Patienten erwähnte, dem Hahnemann weder Diagnose noch Arzneimittel genannt hatte (zit. in ZKH 1962 S.10 Anm.2, so ähnlich auch A. Voegeli in: Ztschr VHK Aug.1979) ? 
Wenn zu wenig charakteristische Symptome vorhanden, sollen eben die besten gewählt werden, dann vervollständige sich die Symptomatik (laut Org. VI §§177,182). 
Ein nicht genau passendes Mittel kann "Nebenbeschwerden von einiger Bedeutung" bewirken (§167). 
Streng, wie der Entdecker der Homöopathie war, verlangte Hahnemann, nur wenig Arznei zu geben (§272), vor allem nur einen einzelnen, einfachen, wohl gekannten Arzneistoff  auf einmal  (§273, 274). 
Pathognomische Zeichen, z.B. die entsprechenden Hauteruptionen von Scharlach, Masern, Röteln usw.(heutzutage immer weniger deutlich ausbrechend !), bestätigen die klinische Diagnose, sind aber unerheblich für die homöopathische Arzneiwahl, weil sie meistens banal sind und bei vielen „Krankheiten“ auftreten. Aber die individuellen Züge, die die einzelne Persönlichkeit zeigt, die ihr lange erhalten bleiben, können außerordentlich wertvoll  für die Arzneifindung werden (Beispiel von M.v.Ungern-Sternberg über 89jährige Patientin mit unter die Großzehe krallenartig verkrümmten linken Zehen nach Insult, nach Akupunktur und zweimal Sil. C30 schmerzfrei dauerhaft, in: ZKH 1974 S.11-15). 
Die Assoziation Blaseninkontinenz - Sepia ist also nicht mehr als eine Ahnung (s.o.Pkt.1.3), ist also auf ihre Ähnlichkeit für die vor uns sitzende leidende Person nicht geprüft und daher nicht homöopathisch (siehe Kent III 675). 
Ich erinnere an die Debatte Routinebehandlung bei Masern (in: ZKH 1984 S.232-236). 

3.4 Hierarchisierung

Anleitung bietet Dr.K.H.Illing (in: ZKH 1974 S.256-258). 
Sicher gilt für alle Fakultäten "Schmerz vor Krankheit" (selbst hier kann Homöopathie gut mit chemischer Arznei mithalten - siehe die Arbeit von Dr.L.Simon von der Filderklinik im Literaturverzeichnis !). 
Danach folgen die §153-Symptome und die Schlüsselsymptome (engl. keynote). Hilfreich zum Auswählen sind Als-ob-Symptome (engl. as if), lexikalisch aufgeführt in: 
-Herbert Alfred Roberts, "Sensations as if". A repertory of Subjective Symptoms, Philadelphia 1937 und 
-James William Ward, Unabridged Dictionary of the Sensations "As if", San Francisco/Calif. 1939 (s. TA Hom S.245) 
Als Beispiel gleich von der ersten Seite dort: 
-Abdomen Bruised.- Painful pressure in the abdomen and pain as if bruised. Sepia (H)
Das ist im Original CK Symptom 605 (vgl. Sy 731). 
A.Braun schreibt S.104 dickgedruckt: "Als-ob-Symptome sind Sinnestäuschungen, die aber als solche von den Kranken erkannt werden im Gegensatz zu den Halluzinationen Geisteskranker." 
Als-ob-Symptome und paradoxe Symptome sind hilfreich zur Beschreibung patienteneigener Empfindungen und Schmerzen - subjektiv, wie es die individuelle Ähnlichkeit verlangt. Hier sind Individualität und Ganzheitlichkeit der Homöotherapie verortet. Beispiele für paradoxe Symptome bietet A.Braun S.105 mit dem Literaturhinweis auf 
-Jost Künzli v.Fimelsberg, Mittel mit widersprüchlichen Modalitäten, in: ZKH 1983 S.188-191 (alphabetisch 55 Mittel ohne Sepia) 
Für die Begleitsymptome (Concomitants) führt A. Braun S.106 ein Sepia-Beispiel von R.Flury (1903-1977) an: 
- die "Bärenwirtin" bekommt  keine Kinder, Sepia hat weibliche Sterilität als 3w. (bei C.Hering, GS dt. Übers.Bd.9 S.337 erster Begriff s.v. Weibliche Geschlechtsorgane, versehen mit 1 Balken = durch Heilung bestätigt), ihr Wunsch wird erst erfüllt mit Erkennen des Aurum-Symptoms "Mundgeruch am Morgen", das das grobe organische Symptom Sterilität begleitet hat. 
Auf Entweder-oder-Symptome (Alternantien) verwies Hahnemann in §232. 
A. Braun nennt S.107 als Beispiel aus der Kentrubrik I 239-240 (Abwechselnd mit...) Kopfweh  abwechselnd mit Aftervorfall: Arn. 2w. einzig (ohne Quelle wie auch Cl Rep. S.532, Sepia taucht in dieser Rubrik nicht auf). 
Weitere Symptomgruppen sind: 
-periodische (Periodika) (A.Braun S.107), etwa Kent I 490: jeden 28.Tag (5 Mittel, davon Sepia 3w.) 
und nach seinem t o p i s c h e n  Symptomenregister (ebda S.98) 
-Geistes- und Gemütssymptome, etwa Symptom CK  61 = zit. bei C.Hering, GS dt. gleich das dritte Sy "Hatte den ganzen Tag das Gefühl, als sei es ihm gleichgültig was geschieht; kein Verlangen zu arbeiten, unaufmerksam, geistesabwesend" 
-Allgemeinsymptome, etwa 
-Verlangen und Abneigung, etwa Symptom CK 527 = zit. GS dt. Heißhunger oder kein Appetit, nichts schmeckt gut 
-Schlafsymptome, etwa Symptom CK 1523 = zit. GS dt. Spricht laut im Schlafe 
-Sexualsymptome, etwa Symptom CK 868 = zit GS dt. Verstärktes geschlechtliches Verlangen mit Schwäche der Genitalien, sehr reichlicher Schweiß bes. am Hodensack 
-Lokalsymptome, etwa "Neuralgie in den Gliedern geht hinauf in den Kopf". 
Als ein klinisch gesichertes (ex usu in morbis) Symptom notierte J. Mezger (1891-1976) in seiner GHA S.1315: "Ein übelriechender Achselschweiß ist typisch und kann bei sonstigen Sepia-Symptomen  führend sein." 
 

3.5 Repertorisation  (vgl. Pkt.1.2) 
(Einfach) Durchstechen durch die (Flury- oder Leers-)Kartei - nein, das ist (das Letzte) die letzte Handlung zur Überprüfung der Durchgängigkeit oder Aussonderung des Simile (s. A.Braun S.209). 
Diese Repertorisationstechnik mit Lochkarten stellt am besten Dr. Hans Leers, Merzig/S., selbst dar (in: ZKH 1975 S.25-32); wer die Buchform (für 181 Fälle) wünscht, bevorzugt „Einfache Homöopathie in Fallbeispielen“ (Heidelberg 1990), eingeleitet durch den Eindruck: „ Die Theorie der Homöopathie bildet das Skelett, die Fälle aber sind das saftige Fleisch der Heilmethode.“ 
Die Verwendung des Computers in der homöopathischen Praxis, Lehre und Forschung beschreibt Will Klunker (in: ZKH 1983 S.143-150). 
Die Geschichte der Repertorien für die Richtung „klassische Homöopathie“ siehe TA Hom. S.191 

3.6 Bewährte Indikationen als erste Hilfe sowie in akuten Krankheiten

Wer für Erste Hilfe (außerhalb der ABC-Regel, Chirurgie und starkwirksamen Stoffen) noch Homöopathica sucht, findet in der Literatur mindestens drei Titel angezeigt: 
-die älteste Arbeit dazu stammt von Fr.Dr. Dorothy Shepherd, Erste Hilfe mit homöopathischen Mitteln, Stuttgart 1985 (orig.1953) - leider mit entstellenden Übersetzungsfehlern, lies daher Rez. Dr.Gebhardt (in: AHZ 1988 S.128-129) 
-neue Erfahrungen stecken in: 
-Manuel Mateu i Ratera, Erste Hilfe durch Homöopathie (z.B. wenn Ledum nach Stichen versagt, dann wähle Echin. in Hochpotenz) und 
-Erika Scheiwiller-Muralt, Homöopathie bei akuten Erkrankungen und Notfällen . 
Vier Notfallsituationen (laut §67 Anm. ist Palliativum erlaubt) mit Hochpotenz (von Phos. XII, Cupr. D30,  Calc. C30 und Lach. C200) behoben durch D.Berndt (in: ZKH 1960 S.285-287). P.Schmidt hatte es schon 1929 in Genf gesagt „Homöopathie bei verzweifeltsten Fällen“ (dt. in: ZKH 1958 S.155-170). 
Der TA Hom. S.151 gibt an: 
„Für etwa ein Drittel der Arzneimittel gab HAHNEMANN an, bei welchen Krankheiten sie sich besonders bewährt hatten. Mercurius wirkte zum Beispiel besonders gut bei Syphilis (1811), Ipecacunaha bei einigen Arten von Wechselfiebern, Veratrum bei bestimmten Arten von Kachexien (1817), Hyoscyamus bei „Zerrüttungen der Geistes- und Gemütsorgane“, Aurum bei Melancholie, Camphora als „schätzbares Palliativ“ bei Influenza, Sulphur bei Krätze (1818), Spongia bei Kropf (1821) usw. Das waren die Vorläufer der späteren „bewährten Indikationen“. “ 
Wer von klinischen Begriffen aus Zugang zur Homöopathie sucht, benutzt mit Gewinn das seit 1930 immer wieder nachgedruckte  „Stauffers Homöopathisches Taschenbuch“ mit dem Untertitel „Kurzgefaßte Therapie und Arzneimittellehre zum Gebrauche für die ärztliche Praxis“, z.B. 10.Aufl. hrsg. Dr.Martin Schlegel. Dazu der TA Hom. S.187: „Karl Stauffer (1870-1930) wirkte in München und Lindau und verfaßte einige wichtige Werke...“ 
Sepia wird a.a.O. S.232-233 beschrieben mit vorwiegend körperlichen Symptomen, unter Indikationen heißt es: 
-“Frauenmittel, mehr chronische Leiden; venöse Stauungen im Unterleibe und Pfortadergebiete. Nervöse Erregung und Hitzewallungen. Ischias, Kreuzweh; Gliederschwäche. Chronische Hautausschläge aller Art, schlechter vor der Regel; Nesselsucht, Varicen, Psoriasis. 
Kopfschmerz chronisch; Migräne; Kopfgicht; Schlaflosigkeit; Zahnschmerz der Schwangeren. Kitzelhusten, Heiserkeit, Nasen-Rachen-Katarrhe. Dyspepsia acida, chronische Magenkatarrhe. Hyperemesis; Plethora mit habitueller Obstipation; Haemorrhoiden. Cystitis, Enuresis.“ 
Wer "bewährte Indikationen" sucht, der/die nehme sich  etwa von Werner Quilisch  (Nachruf in: AHZ 204/1959 S.529) seinen kriegsbedingt ohne Handbücherei entstandenen Band "Homöopathie als Therapie der Person. Arzneimittellehre und Therapie auf physiologischer Grundlage" (Berlin/Saulgau 1949) mit 356 S. vor und lese dort auf S.243 die Nr.94 Sepia. Im Kapitel "Sonstige bewährte Indikationen" ist Sepia nicht aufgeführt. Aber die personotropen Stichworte tauchen wieder auf, und zwar als 
-Frauenmittel auf S.256-257, 
-Hustenmittel auf S.262-263, 
-Kopfwehmittel auf S.288-289 usw. 
Die Generation nach Werner Quilisch (1896-1959), Hilmar Deichmann (1917-1980, Autor der „Catena medica“, Heidelberg 1976) und anderen griff  die Einteilung in HistiotropFunktiotrop und Personotrop mit tiefen, mittleren und höheren seltenen D-Potenzen  für sog. bewährte Indikationen auf, etwa  Warmund Wellmer (Autor von „Risikolose Arzneitherapie“, 3.Aufl. 1978 mit 280 S. für 43 Indikationen)  oder  Mathias Dorcsi in Wien (s. TA Hom. S.195). Die DHU, Karlsruhe, popularisierte 1989 eine erweiterte Neuauflage, zusammengestellt von Fr.Dr.Margaretha Frey, Salzburg,  unter dem Titel „Bewährte Indikationen  der Homöopathie“. Auf diesen 261 Seiten finde ich SEPIA 34 mal notiert,  meist in D4 oder D6, und zwar bei: 
-Abdominalplethora 
-aggressives Verhalten (in D30) 
-Alkoholismus rotes Mittel 
-Angst vor Berührung 
-Bartholonitis Apis D4 im Wechsel Sepia D4 
-Bindegewebsschwäche, Verlagerung oder Vorfall Bauchorgane, bes. bei Frauen 
-Vorfall Uterus 
-Enuresis, weitere Mittel: Sepia D6 
-Fluor vaginalis, übelriechend 
-Gebärmutterverlagerung 
-zu großes Gewicht (übergewichtige Person?) 
-Gonarthrose, klimakterisch bedingt 
-Hämorrhoiden, abdominale Plethora der Frau 
-Harnsediment wie Ziegelmehl 
-Kälte bessert 
-Klimakterium, Frauenmittel 
-Klimakterische Arthropathie 
-Kopfweh, als ob Wind durch den Kopf bliese 
-Kreuzschmerz, gynäkologisch bedingt 
-Magensenkung bei Frauen 
-Mondverschlimmerung bei Vollmond 
-Prolapsneigung der Bauchorgane, Bindegewebsmittel 
-Psoriasis, weitere Mittel 
-Oberlidptosis 
-Reizblase bei Verlagerung der Beckenorgane 
-Rheuma , klimakterisch 
-Rückenschwäche 
-Schweiß übelriechend, an den Füßen, Achselschweiß, Genitalien, klimakterisch 
-Stauungsbeschwerden, venöse 
-Sterilität, je nach Indikation Sep., Plat. u.a. 
-Verhalten auf Trost: ablehnend (wie Nat-m., Sil., Ign., Lil-t.) 
-Unterleibsverwachsungen 
-Varizen, Frauen erschöpft 
-Vitiligo 
-zeitliche Zuordnung der Beschwerden: abends 

Vom „Typus“ („...bei hageren, mürrischen Frauen S e p i a ...“ J.Zinke, in: ZKH 1965 S.235) sollte man sich nicht zu sehr leiten lassen, denn es erscheint  absurd, „daß das Ganglion eines schwitzenden Heißblüters mit Silicea D3 geheilt wird, aber  - es geschieht.“  (H.V.Müller,  Homöopathie in der gefüllten Praxis, in: ZKH 1975 S.147-153). 
Seine Aufzählung reicht von Endarteriitis obliterans mit Tabacum D10, Wadenkrämpfe mit Cuprum met. aut acetic. D8-10, Sinusitis mit Cinnab. D4 i.W. Kali-bichr. D4 bis Ohrensausen noctu mit Arn. D8/Phos. C30 (Mischinj.) - Sepia ist jedenfalls nicht dabei. 
Homöopathen können sehr wohl Hilfe bei Berufskrankheiten bieten, so Pierre Schmidt (in: DHM 1960 S.396-399). Sepia findet sich nur kleingedruckt bei „Heiserkeit durch Singen“, dagegen dreiw. AGAR., ARUM T. und SEL. 
Homöopathische Akutmittel nach Sportschäden , zusammengestellt von P.Schmidt, stehen in ZKH 1979 S.187-192: 39 Arzneien in C30, 200 und höher für Aufregung vor Wettbewerb (1xGels. XM), Skilaufen, Fußball, Schwimmen, Haematome bis Tetanus (Sepia ist nicht dabei). 

Wer an den Quellen, d.h. Arzneiprüfungen und klinischen Symptomen (s.o.Pkt.1.4), Bestätigung sucht, hat ein Beispiel akuter Hilfe für akute Sepia-Beschwerden in H.V.Müllers Band II, Fall 23 (s.o.Pkt2.2) mit Zystitits, bestehend aus: 
- Trauminhalt: Ratten , siehe Synth.Rep III 325, 
- Neigung zum Suizid aus Verzweiflung über seine armselige Existenz, siehe ebda I 392 = CK  Symptom 31, 
- Aussehen: rote Haare, siehe ebda II 86, 
- Schmerzen, brennende, während Urinieren, siehe Kent III 708 
- Schmerzen, brennende, am vorderen Teil der Urethra, siehe ebda III 709 und 
- Beschwerden beim Kaltwerden der Füße, siehe Synth.Rep. II 81 
Arzneigabe: 1x Sepia C2oo intravenös 
Hans Leers (s.o. Einleitung) hat auf S.202 akute Zustände kurz und knapp so angeleitet: 
"Akute Krankheit kann schon durch eine erste Gabe nach einigen Stunden schwinden (Organon §154).
Riechen lassen kann sehr abkürzen. 
Mittel gleich wiederholen nur, wenn schnelle Besserung nachläßt. 
Erstverschlimmerung manchmal schon in den ersten Stunden (§157-160).
Falsch gewähltes Mittel nicht auswirken lassen, sondern nach gegenwärtigem Bild neues suchen (§167). 
Nötigenfalls auch Zwischenmittel geben. 
Rückfall verhindern durch antipsorische Nachkur. Fieber mit Sulfur nachbehandeln. 
Wenn akute Krankheit nicht weichen will oder Nachkrankheit kommt, antipsorisch behandeln, ggf. auch mit Sulfur. 
Auch akute Geistesstörungen antipsorisch nachbehandeln (§§221,227)." 

3.7 Kenntnisse über Dosierung, Potenzwahl und Gabenwiederholung der Arzneien

Einglaspotenzen nach Semion v.Korsakoff (?-1853)  (s. TA Hom. S.15) sind in Deutschland nicht zugelassen. 
D-Potenzen, seit etwa 1836 durch Dr. Vehsemeyer eingeführt und vor allem in Deutschland üblich (s. TA Hom. S.68-69), werden bis D12 einschl. täglich empfohlen, eine Gabe von D30 ist etwa zweimal wöchentlich üblich (s.o. Pkt.3.6 
„bewährte Indikationen“). 
Eine Gabe der C-Potenz geben und dann „wait and watch“ ! 
Bei Q-Potenzen (also täglichen Hochpotenzen) reicht es , einmal täglich 3-5 Tropfen im Mund zergehen zu lassen - bitte vorher schütteln (§270) ! 
Wenn eine Gabe stärker wirken soll, löse man sie in Wasser auf (§272). 
Mindestens eine Stunde vorher und nachher nichts essen  und als Einnahmezeit die chronobiologische Phase der Besserung nutzen, also z.B. Ars. vormittags und Lach. abends einnehmen - und die höchst wechselhafte Sepia dann, wenn es ihr/ihm gut (zumindest relativ gut) geht. 
Hahnemann gebrauchte C-Potenzen  absteigend von C30 (handschriftlich notiert als X), C24 (VIII), C18 (VI), C12 (IV), C6 (II) und gelegentlich C3 (laut AHZ 235/1990 S.223-232), Sulf. in 2/3 aller Fälle als zweites Mittel nach 4-6 Wochen. 
Hahnemanns Verordnung von Q-Potenzen, seine Altersweisheit beim Abschluß des Manuskripts des Org. VI, in Paris  (siehe ZKH 43/1999 S.87-98 und TA Hom. S.156-157): aufsteigende Reihe (s.u. Pkt.4.1). 
Die Kent´sche Stufenskala  lautet  verkürzt: C 200, M, CM, MM (laut ZKH 1980 S.15 aus J.T.Kent, Zur Theorie der Homöopathie, Leer 1973 S.99 Anm.) 
Die aufsteigende Potenzreihe (§280)  ist das Übliche , wobei laut §253 für akute Krankheiten der Gemütszustand  das sicherste Zeichen ist,  die Reihe kann aber auch absteigen. 
Wer es ausführlicher von einem Könner lesen möchte, der/die rekapituliere P.Schmidts Münchner Rede vom Oktober 1970 (Über Potenzwahl und homöopathische Arzneipotenzierung , übers. in: ZKH 1985 S.4-13), worin auf S.10 die Stufenskala mit der durchschnittlichen Wirkungsdauer abgedruckt ist: 
-für C200 = 3 bis 4 Wochen 
-für M    = mindestens 4 Wochen 
-für XM   = 5 Wochen 
-für LM   = 50 Tage 
-für CM   = 3 Monate 
-für DM   = 6 Monate 
-für MM   = 1 Jahr 
In Frankreich sind nur Potenzen von C 1 bis C 30 erlaubt. 
Manche Mittel bewähren sich eher in Tiefpotenzen (weil sie als Phytotherapie geprüft sind ?), so P. Sankaran (in: ZKH 1967 S.265-266) über Apocynum, Sabal serr.,Ornithogallum, Hydrocotyle as., Passiflora, Crataegus, Adonis vern., Stroph., Card. mar., Blatta or. 

SEPIA hom. ist in allen Tief- und Hochpotenzen gebräuchlich , denn es gibt  Literaturstellen 
-für D4 und D6, bes. als sog. „bewährte Indikation“, siehe  oben Pkt.3.6 Dr. Margarethe Frey
-für D8 primäre Sterilität (AHZ 1987 S.159-160) 
-für eben diese klinische Indikation aber  auch Dr.Margery Blackie S.150: 1x XM 
-für D12 Blaseninkontinenz M. Stübler (ZKH 1972 S.62, bestätigt in ZKH 1973 S.165) 
-für  D12 Pat. mit Gallensteinen D.Berndt (ZKH 1959 S.235) 
-“Daß man auch bei Stirn- und Nebenhöhlenerkrankungen mit Tiefpotenzen  Gutes erreichen kann, soll ... gezeigt werden...“ (Otto Eichelberger Fall 244 S.420) 
-nicht unter D18 zu geben warnte W. Schweitzer (ZKH 1968 S.107 ohne nähere Begründung) 
-für D30 zweimal wöchentlich J.Mezger, GHA  S.1316 
-für C2 bis C30 in Frankreich gesetzlich vorgeschrieben,  Casus von Dr.Elizabeth Wright-Hubbard (ZKH 1980 S.179) 
-für C30 zweimal in 5 Wochen  Hohlhandjucken H.Deichmann (ZKH 1981 S.4) 
-nur Hochpotenz für klinische Indikation klimakterische Polymenorrhoe (nach Benno Schilsky) Dr.Hedwig Imhäuser (ZKH 1957 S.13) 
-für C200  Casus mit Symptom 31 „Verzweiflung über seine armselige Existenz“ W.Hess (ZKH 1984 S.108-112) siehe oben Pkt.2.3 
-für C 200 einmal seltenes Symptom männl. Genitale (lästige Einrisse Praeputium) nach Knerr, H.V.Müller Fall 2 (ZKH 1983 S.224)  siehe oben Pkt.2.2 
-für C200 Geriatrie Uterusprolaps D.Chand (ZKH 1982 S.186), Fall 14 n.A.Voegeli  (zit. in ZKH 1977 S.246) usw. 
-für C200, dann M Fall Karin mit Psychoanamnese in H.V.Müller, Band I: Sepia S.40-50 
-für M einmal für 1 Jahr siehe ebda Fall Maria S.31-39 
-für M Abortusneigung im 7.Monat laut Pierre Schmidt (ZKH 1980 S.129, aufgenommen in Repertorien,  z.B. Kent  III773,  in Handbuch Erwin Schlüren usw.) 
-für M 1 Glob. Lumbalschmerz Discusprolaps Gypser (ZKH 1989 S.66-75 Fall 1) 
-für C200 - M - XM Sepia-Typ laut A. Hänni (ZKH 1966 S.170-180) 
-für XM Herpes genitalis rezidiv. (ZKH 1981 S.253) 
-für XM  einmal Frau 24 Jahre Neurodermitis ( 18.Fall, in: Eichler S.92-94 mit zwei Fotos) 
-für LM einmal in Sepia-Biographie wegen Hüftgelenk schlimmer in feuchter Kälte, Kleidung am Hals unerträglich (innerhalb aufsteigender Potenzreihe,  in: ZKH 1981 S.201-204) 
-für  CM einmal Scharlach Bauernkind, weit entfernt (ZKH 1984 S.237) 
-für tägliche Q-Potenzen : 
--für VI und IX Aufgeregtheit Studentin, G.v.Keller (ZKH 1976 S.138) 
--für XII Fall 91 O.Eichelberger 
--für XVIII Fall 296 ebda. 
Es benötigt kein "Vorlaufmittel" wie etwa Lyc. - doch! schrieb Hans Laser  in ZKH 1965 S.71-73  (ohne Begründung) und empfahl Nux-vom. oder einmal Sulf. voraus. 
Wer ein Beispiel für Gabenwiederholung bei chronischen Beschwerden sucht, dem empfehle ich den o.g. Artikel von Walter Hess (in: ZKH 1984 S.112 ff.): Sepia C 200 am 13.3.1982, dann 1x Sepia M am 30.4.1982, XM am16.7.1982, C 200 am 22.8.1983, wiederholt am 3.12.1983, M am 2.1.1984, C 200 am 18.3.1984 .- 
Hier wurde die Regel beachtet:  bei fortschreitender Besserung Gabe (der C-Potenz) nicht wiederholen(§276) ; wenn in chronischem Verlauf aber Besserung zum Stillstand kommt, dann anhand der restlichen Symptome von neuem ausmitteln (§183), wenn spezielle Symptome doch bleiben, dann höher 
gehen (§280). 
Es gibt sehr wohl auch homöopathische Sekundenheilungen, etwa beschrieben von Adolf Voegeli, in: Ztschr VHK Nov. 1984 S.842-850 (5 Fälle mit Nux-v.200, Ars.alb 200, Acid.carb. 30, Puls.30 und Arg.nitr. 30). 
Wer  das Stichwort Dosierung im Zusammenhang einer  großen Lebenserfahrung lesen will, der/die wähle A.Voegelis Aufsatz (in: ZKH 1988 S.183-191) ! 
Wer zum Stichwort Gabenwiederholung  erst eine Kurve zur Einsicht wünscht, dem/der sei der Aufsatz von Fr.Dr. Eva Illert, Plumbum metallicum - eine Fallstudie (in: AHZ 233/1988 S.111-114) empfohlen, worin sie den  Leukozytoseanstieg auf zeichnet, jeweils nach Einzelgabe von D30/200/C30/200 . 
Überdosierung kann die Wirkung des ähnlich gewählten Mittels zunichte machen: Beispiel Causticum  D6 für  bettnässende  Zwölfjährige, wenige Gaben behoben alles, bei Dauergebrauch alles wieder schlimm, Sulf. und Puls. gegeben, nach 1 Monat Caust. D12 Glob. für 3 Dosen besserten, sie blieb nachts trocken auch noch nach 1 Jahr (K. Hochstetter in: ZKH 1979 S.243) (vglbar A.Voegelis Beispiel  Sulf. QXII für Jungen mit chron.Asthma: 2 Tage lang Zitronensaft geben und an Kampfer riechen lassen, sodaß Anfälle nachließen, zit.in: ZKH 1976 S.208). 
 

3.8 Kenntnisse über Besonderheiten bei der Behandlung von 
einseitigen Krankheiten, den Geistes- und Gemütskrankheiten sowie Lokalkrankheiten

Über diese Sonderfälle hat H. Leers die folgenden Stichworte mit Organon-Paragraphen bekräftigt: 
"In schwierigen Fällen ggf. Sulfur oder Hepar sulf. zwischenschalten. 
Sehr empfindliche Kranke an Hochpotenz riechen lassen. 
Wenn ein akut Kranker benommen ist und seine Beschwerden dadurch zu undeutlich angegeben werden, wähle Opium. 
Sehr alte Krankheiten auch äußerlich mit demselben Mittel behandeln, außer an kranken Körperteilen (§285). 
Bei Periodizität ggf. China zwischenschalten. 
Einseitige Krankheit meint: ein Symptom herrscht vor (§173,175). 
Psychische Krankheitszustände nur dann homöopathisch heilbar, wenn nicht durch körperliche Krankheit entstanden (§215). 
 Bei Psychosen und Süchten notfalls Mittel unwissentlich geben." 
Erfahrungen  mit  einmaligen Hochpotenzgaben bei psychischen Heilungen formulierte der französische Arzt Dr. Jean-Pierre Gallavardin (1825-1898), tatkräftig unterstützt von dem zurückgezogen lebenden Dr. Charles Dulac  (s. TA Hom. S.199). Seine Beobachtung „betrinkt sich heimlich - Sulfur“ (in“Psychismus und Homöopathie. Plastische Medizin“, ins Dt. übers. Siegfried Gehrke, Heidelberg 1987 S.130) ist in die Repertorien eingegangen (obwohl nicht klar ist, woher er dieses Symptom habe, jedenfalls nicht  aus dem Symptomenkodex von G.H.Jahr, so Benno Schilsky , in: ZKH 1962 S.146):  Gallavardins o.g. Schrift trägt die Nummer 30 im Autorenverzeichnis des CR, denn  geholfen hat es Schilskys Patientin ! 
Das Sepia-Arzneibild (ebda S.405-407) besteht aus Prüfungssymptomen. 
 

IV. Führung der homöopathischen Therapie

 4.1 Arbeitsmethode nach Hahnemann, Bönninghausen und Kent

Statt  mit Pendeln,  nach Industrie-Empfehlung oder klinischen Begriffen (man bedenke allein schon den Gestaltwandel der Erkrankungen im 20. Jahrhundert !) -  vielmehr nach deutlich einsichtigen Gründen erhobene Symptome werden mit der Materia medica  v e r g l i c h e n. Hahnemann erwähnt in diesem Zusammenhang (in: CK I S.150) Repertorien,  beschrieben von  J.K. von  Fimelsberg (in: Acta  hom. der  Liga  medicorum int. 1969 S.10-21,  Abb.ebda S.154-155) . 
Der TA Hom. S.72-73 zeigt Repertorisieren für Sepia anhand  von Bönninghausens  Taschenbuch (1846). 
 Mehr kann ich über die Arbeitsmethode Hahnemanns (1755-1843), Bönninghausens (1785-1864) und Kents (1849-1916) nicht sagen (s.o. Pkt.1.2 !) .- 
Dokumentierte Behandlungsverläufe Hahnemanns aus  den verschiedenen Phasen seiner Homöopathie-Erarbeitung waren - außer den Patienten selbst und seinen Schülern - wenig bekannt (das Organon sollte ja eifrig studiert und verkauft werden); er selbst schrieb in der Vorerinnerung  zur RAML II (3.Aufl. 1833) S.30:
 "Die Bitte meiner, auf halbem Wege zu dieser Heilmethode stehenden Freunde, ihnen Beispiele von solchen Heilungen vorzulegen, ist schwierig zu erfüllen, und ihre Erfüllung von keinem großen Nutzen. Jeder geheilte Fall von Krankheit zeigt ja nur, wie dieser behandelt worden sey.Der innere Vorgang der Behandlung beruht immer auf denselben Grundsätzen, die man schon kennt, und sie kann nicht für jeden einzelnen Fall concret gemacht und fest bestimmt werden, kann durch keine Geschichte einer einzelnen Heilung deutlicher werden, als schon durch die Darlegung der Grundsätze geschah. Jeder Fall der unmiasmatischen Krankheiten ist eigenartig und speciell, und eben das Specielle desselben ist es, was ihn von jedem andern Falle unterscheidet, ist nur ihm gehörig, kann aber die Behandlung anderer Fälle nicht modeln." 
Er gibt dann aber doch nach: "...so mögen hier ein Paar der kleinsten Fälle homöopathischer Heilung stehen.", nämlich sieben Symptome einer Lohnwäscherin ergaben Bryonia, sie erhielt einmal einen vollen Tropfen ganzen Zaunrebenwurzelsaftes sogleich (ebda S.33 mit der Anmerkung, ein Glob. C 30 wäre heute hinreichend), für den zweiten Patienten, einen 42jährigen schwächlichen Mann am Schreibtisch mit acht Pulsatilla-Symptomen, begründet er differentialdiagnostisch seine Arzneiwahl in Form einer C 12. 
Der Nachsatz, mindestens im Range einer Epikrise, beschreibt seine Methode "klassisch": 
"Zum Behufe eigner Behandlung braucht man nur zu jedem einzelnen Symptome alle die Arzneien mit einem Paar Buchstaben (z.B. Ferr. Chin. Rheum.Puls.) zu notiren, welche dergleichen Symptome ziemlich genau selbst erzeugen, und sich im Sinne zu merken, unter welchen, auf die Wahl Einfluß habenden Bedingungen, und so bei jedem der übrigen Symptome, von welcher Arznei jedes erregt wird, um dann aus dieser Liste abzunehmen, welches Arzneimittel unter den übrigen die meisten der vorhandenen Beschwerden homöopathisch decken kann, vorzüglich die sonderlichsten und charakteristischsten - und dieß ist das gesuchte Heilmittel." (ebda S.37) 
A.Braun hat diese beiden Casus unter dem Aspekt der apriorisch gewissen Arzneiheilung vorgestellt (in: ZKH 1981 S.233-237), eben dies betont auch TA Hom. S.151 . 
Zwei Casus aus Hahnemanns Pariser Zeit überlieferte v.Bönninghausen zusammen mit den sog. drei Cautelen oder Warnung , jede antipsorische Arznei nicht klein genug zu wählen, unrichtig zu wählen und übereilt nicht hinlänglich auswirken zu lassen (in Stapfs Archiv 1844, nachgedruckt in: ZKH 1962 S.111-118). Unverzichtbar ist diese Stelle wegen der genauen Dosierung, v. Bönninghausen zitierte als Augenzeugen den Doktor Croserio (s. TA Hom. S.199): 1 Glob. der C 30 in Wasser mit etw. Alkohol gelöst in Flasche schütteln, daraus 1 Eßl. voll in 1 Trinkglas Wasser, daraus am ersten Tag 1 Kaffelöffel, am zweiten Tag zwei usw. - und für die Q-Potenzen-Herstellung vertröstete Madame Me´lanie auf die sechste Auflage! 
Den Augenzeugenbericht der amerikanischen Schauspielerin Anna Cora Mowatt  im Jahr 1839 gibt Hanspeter Seiler S.165-166 wieder  (schon 1922 in Richard Haehl II S.371-375). 
Mindestens ebenso authentisch ist der in Me´lanies Handschrift überlieferte Brief Hahnemanns an v.Bönninghausen vom 24.3.1843 über sein Vorgehen in der Praxis; bestätigt wird der Gebrauch von Registern und Handbüchern.
Die ständige Gabenwiederholung also, verbunden mit  täglicher leichter Veränderung der Dynamisation, bringt bes. bei chronischen Symptomen das beste Ergebnis der Q-Potenzen. 
Weitere Auskunft geben Hahnemanns Krankenjournale, gesammelt im IGM; transkribiert sind bisher sieben Bände (D2-D6, D34, DF5);ebenso zugänglich ist die brieflich über zwei Jahre gut dokumentierte Behandlung des invaliden  63jährigen Marquis d´Anglesea mit Trigeminusschmerz, der Hahnemann in Köthen und in Paris aufgesucht hatte (zuerst von K.E.Weiß in AHZ 1921, jetzt auch Fall 26 in H. Seiler s.o.S.145-160, erwähnt mit anderer Schreibweise von einem  Nachfahren in: ZKH  1962 S.249)). 
Bekannt, weil entschlüsselt, sind auch von 
-Thomas Genneper, Als Patient bei Samuel Hahnemann. Die Behandlung Friedrich Wiecks  in den Jahren 1815/16 und 
-Das psorische Leiden der Antonie Volkmann. Edition und Kommentar 
einer Krankengeschichte aus Hahnemanns Krankenjournalen von 1819 bis 
1831 und 
-Niccolo Paganinis drei Konsultationen (Prof. Robert Jütte, Paganinis Besuch 
bei Hahnemann, in: AHZ 237/1992 S.191-200) und 
-eine Sequenz von neun Briefen Hahnemanns an seine Patientin Frau Wiesike vom 3.7.1833 bis 29.3.1835 (Wolfgang Schweitzer, in: AHZ 236/1991 S.18-24). 
Hanspeter Seiler zeigt anhand der Krankengeschichte der Marie Legouve´ bis Mai 1841, wie Hahnemann Sulfur in Q-Potenz einsetzte (s.o.S.178), nämlich in aufsteigender Reihe und noch lange nach Abklingen der Akut-Symptome.- 
Über den unsäglichen Doppelmittel-Streit kann sich jede/-r ihre/seine Meinung bilden, seitdem der Briefwechsel Hahnemann-v.Bönninghausen (41 und vier Briefe) von Martin Stahl veröffentlicht und ausgewertet worden ist (Heidelberg 1997, 319 S.). HP Werner Theegarten  verwies (in: Ztschr Naturheilpraxis  1/1989 S.83-85) auf Arthur  Lutze (1813-1870, s. TA Hom.S.175) und seine Doppelmittel-Erfahrungen bei Akutfällen, Hahnemanns zustimmenden Brief an Karl Julius Aegidi  in Düsseldorf vom 15.5.1833  (Zustimmung wurde kurz danach zurückgezogen -s. TA Hom. S.183) und betonte als heilenden Faktor den Mesmerismus (Magnetopathie). 

 4.2 Zeitpunkt der Therapiekontrolle, je nach verordneter Potenz, unter Berücksichtigung von Reaktionen

Nachlassende Besserung verlangt Therapiekontrolle: 
wenn möglich, geringfügige oder Erstverschlimmerung abwarten; ist sie vorbei, dann Arzneigabe höher wiederholen; Verschlimmerung nach einiger Zeit verlangt, die Gabe zu wiederholen. 
Ist es erheblich schlimmer: höher gehen oder längere Pause machen oder Mittel absetzen (Org. VI §§281,282). 

4.3 Fertigkeiten in der Dokumentation der Fälle (Verlaufskontrollschema)

Ist dabei an Diagramme u.ä. gedacht, heutzutage mit entsprechender Software technisch möglich ? 

4.4 Kenntnisse über die möglichen Störfaktoren aus dem 
Bereich der Diät und Lebensführung, Beseitigen der unterhaltenden Ursachen

Hahnemanns Forderung in §260 sei schlechthin unerfüllbar, konstatierte Herbert Fritsche (in: ZKH 1958 S.225). Sein Gesamtresultat heißt: 
bis auf Ausnahmen sind Vorschriften hinfällig; die Klassische Homöopathie bleibt angesichts der bedenklichen Lage, in die der menschliche Bios heuteunausweichlich geraten ist, unsere große Hoffnung und Zuversicht, denn sie sei gezielte, individualspezifisch abgestimmte Kunstheilung, darüber hinaus auch noch unspezifisch prophylaktisch (ebda S.229). 
Zwar ist der Abschnitt "Speisen und Getränke" im Laufe der Prüfungen umfangreicher bzw. präziser geworden, jedoch wegen unserer sehr stark veränderten Ernährung sollte man unbedingt die jeweils aktuelle Auflage heranziehen, so 
-Kent I 512-516 
-Synth.Rep. mindestens 3.verb.Aufl.1987 Sp.216 ff. 
-Complete Repertory 2000 S.3027-3051 von Aal bis Zwiebelringe.                        Als Aufsatz mit dem Tenor "zu einer nach individuellen Gesichtspunkten gewählten Arznei gehört auch eine nach individuellen Gesichtspunkten gewählte Ernährung"  lies Prof. Alberto Lodispoto, Diät und Homöopathie, in: ZKH 1960 S.95-141 ! 
Zu Sepia ist dort angegeben: 
-Verschlim.: blähende Nahrung, Bier, Bohnen und Erbsen, Brot, Brot und Butter, Butter, Essig, fette Nahrung, Früchte, Geruch von Nahrung, Heißes, Kaffee, Kalbfleisch, kalte Nahrung, Sauerkraut, saure Nahrung, SCHWEINEFLEISCH, stark gewürzte Nahrung, Wasser, Zwiebeln 
-Bess.: kaltes Wasser 
-Abneig.: alles tagsüber, Bier, Brot, fette und reichhaltige Nahrung, FLEISCH, Geruch von Nahrung, gesalzene Nahrung, Kartoffeln, Milch, Nahrung, Zwiebeln 
-Verlangen: alkoholische Getränke, Bier, Branntwein, Essig, kalte Getränke, Pickles, Säuren, Saures, Süßigkeiten, Wein (ebda S.135) . 
Aus Einsicht in die Notwendigkeit vermeidet eine sog. "Auslaßdiät" die unterhaltenden Anlässe, also gekochte Milch ( CK Symptom 560 , s.o. Pkt.3.4 s.v. Verlangen bzw. Abneigung). 
Fasten kann heilen. 
Medizinhistorische Randbemerkung, nachlesbar im TA Hom. S.167: der promovierte Arzt Carl Gottlob Caspari (1789-1828) verfaßte 1826 den ersten "Homöopathischen Haus- und Reisearzt" und schließlich zwei Schriften über homöopathische Diätetik. Durch diese Popularisierung schuf er als neue Buchgattung die "Homöopathie für Laien". 
 

 4.5 Kenntnisse aller während der Kur auftretenden Reaktionen
beim Kranken sowie daraus resultierende therapeutische  Konsequenzen

Weil der Patient im Mittelpunkt steht, sollen seine Reaktionen während des Einnehmens ernst genommen werden; der/die  PatientIn gibt das Tempo der Behandlung an. 

 4.6 Hering´sche Regel

Paracelsus (X 506 ed. Sudhoff): „Man soll nichts von außen hineintreiben, sondern von innen heraus.“ (zit. in: ZKH 1977 S.238) 
Dazu zitiere ich aus den skrupulösen Bemerkungen von Dr. E.Bauer, Landquart/Schw., über die englische Ausgabe von Hahnemanns Chronischen Krankheiten 1848, ins Englische übersetzt von Hempel: 
"In seinem Vorwort zur 2. Ausgabe von Hahnemanns "Chronischen Krankheiten" sagte HERING im wesentlichen Folgendes: 
Die Schmerzen bessern sich von oben nach unten. Die Krankheiten von innen nach außen. Die wichtigsten Organe finden als erste Erleichterung. Es können alte Beschwerden wieder auftreten. Die weniger wichtigen Organe, wie die Haut, heilen als letzte. 
Daß die Beschwerden sich im Verlaufe erfolgreicher Behandlung Chronischkranker in der Reihenfolge von oben nach unten zurückbilden, sehen wir nur gelegentlich, das übrige Gesagte aber regelmäßig."(zit. in: ZKH 1966 S.80) 
Den Begriff Hering´sches Gesetz  habe Kent 1911 geprägt, schreibt der TA Hom. S.83 anläßlich dessen prognostischer Beobachtungen von Krankheitsverläufen (s. Graphik B ebda S.82). 

 4.7 Homöopathie als Begleit-Therapie

Abgesehen von akuten Notfällen (wie Schock, Verbrennung usw.), auf die heute mit lebensrettenden Maßnahmen sinnvoll reagiert werden kann, bedürfen einseitig Kranke (§§171,173,185) der starkwirksamen Medikamente, wird niemand den Diabetikern Insulin verweigern oder absprechen, soll niemand einem Kind oder Jugendlichen mit dem Blutbild der chronisch-myeloischen Leukämie die rettende Chemotherapie (in Tübingen u.a.) vorenthalten  usw. 
Arnica und Staphisagria post operationem widersprechen dem nicht (vgl. Synth. Rep.II Sp.305). 
Außerdem wurde ein Freud´scher Komplextraum (Flucht vor beißender Schlange - Sabad.) rein homöopathisch beseitigt (in: ZKH 1965 S.253). 
Das Reizwort Impfen und das Kapitel Vorbeugung (s. Liste von Pierre Schmidt, in: ZKH 1980 S.126-130) schließen sich an. Angesichts resistent gewordener Malaria-Erreger  darf von „homöopathischer Malaria-Prophylaxe“ nicht mehr gesprochen werden (AMK der deutschen Heilpraktiker am 28.9.1998). Zwei Fälle von Malaria tertiana wurden mit China hom. und Nos. Malaria  erfolgreich und kontrolliert nachbehandelt (laut  AHZ 1987 S.199-200).  Resistentwerden verlangt das Untersuchen etwa der chinesischen Artemisia annua L. und der klassischen Radix Dichroae (chin. chang-shan), z.B. im Kontext der Tübinger „Aktion natürliche Medizin in den Tropen“. 

 4.8 Flankierende Maßnahmen

"Beihülfs-Mittel" ist uns heute nicht mehr geläufig (s.§291). 
Aber wir verstehen aus Hahnemanns letzten Organon-Paragraphen solche flankierenden Maßnahmen im Sinne einer Ordnungstherapie wie 
-gesunde Körperteile einreiben (§285) 
-riechen lassen (§286): zuerst und spontan denken wir da an Aromen, aber gemeint ist Riechen an Potenzen; das griffen Hans-Otto Spitzmüller (in: ZKH 1962 S.259 bei Fall 2 mit Rhus-tox-Symptomen) und Adolf Voegeli auf und bestätigten seinen Effekt (s. ZKH 1989 S.253-256 mit 2 Glob. Acid.carbol. C 30 für brennendes Prickeln in den Gliedern, gleichzeitig taube Stellen auf der Gegenseite - riechen lassen, alles andere war für jenen ischiasgeplagten Mann zu viel !) 
-magnetisieren (§287) und mesmerisieren nach Franz Anton Mesmer (1734-1815) 
-massieren (§290) und 
-Wasseranwendungen (§291) nach Fam. Hahn,  Vinc. Prießnitz (1799-1851), Seb. Kneipp (1821-1897), Maria Schlenz usw. 
 

V. Praktische Übungen zu SEPIA

Vorbemerkung: wer Kasuistiken in Buchform sucht, erhält im TA Hom. S. 246 acht Titel aufgezählt. 
Meine unter Ptk.5.1 bis 5.5 aufgenommenen Beispiele stammen aus Otto Eichelbergers Sammlung "Klassische Homöopathie", sind aber auch aus Periodica (z.B. Ztschr ZKH) zusammengesucht. 

5.1 Lösung akuter Kasuistiken

Fall 106 (aus: O.Eichelberger S.196-198) von einer 60jährigen Frau, die wegen Gallebeschwerden den Homöopathen aufgesucht hatte. 
Führungssymptom ist hochgradige Abneigung gegen Speisengerüche.  Auf Chel. in Q XII beschleunigte sich Ausbruch eines Icterus mit 
-Mundwinkel rechts rissig 
-Ekel vor Nahrung 
-Urin dunkelbraun 
-Stuhlgang ton-lehmfarben 
-Druckschmerz wie von Gewicht auf Magen 
-stechender Stirnkopfschmerz 
Gabe: Sepia Q XVIII 

Ungeplant, wie Akut- und Notfälle eben sind, verlangt auch Fall 23 von H.V.Müller (s.o.Pkt. 3.6)schnelle Linderung. 
Gabe: Sepia C 200 i.v.Inj. 

Weitere Bestätigungen durch rasches Abheilen: 
-streng genommen ist es die Modalität von CK Symptom 1381 (starke Bewegung bessert Schmerz) in den drei Fällen von P.Schmidt (1994) s.o. Pkt. 2.2 
-31jährige Frau, seit 10 Jahren nach einer Geburt Schweregefühl in Herzgegend, jetzt plötzlich Schwäche und plötzlicher Stuhldrang  (H.Leers, in: ZKH 1977 S.246 Fall 5) 
Gabe: Sepia D 200 

5.2 Lösung chronischer Kasuistiken

Fall 18 von R.u.K.Eichler (1996) S.92-94 (mit zwei Fotos) 
Gabe:  einmal XM 

Dr.D.H.Chand über Geriatrie homöopathisch: 70jährige Frau kommt wegen vager Einzelbeschwerden, feststellbar ist Descensus mit etwas Blut und Fluor als Folge mechanischer Reizung, nicht durch CA, zu reponieren 
unmöglich, außerdem Erbrechen, oft leichte Temperaturerhöhung- sie erhält am 22.7.1980 Sepia 200, am 2.9.,13.10. und 13.11. repetit, 
danach nur Placebo im Januar, Februar und März 1981, letzter Bericht am 13.4.1981: kein Prolapsus uteri mehr (in: ZKH 1982 S.186-187) .- 

Prof.H.V.Müller über einen 20jährigen Homosexuellen, er beklagt im Anus Fremdkörpergefühl, und zwar immer, außerdem lästige Einrisse am Praeputium. 
Er findet in KNERR S.624 Hinweis auf Sepia (zit. in: ZKH 1983 S.224 Fall 2). 
Gabe: Sepia C 200.- 

M.Solvey berichtet über die erschreckende Beobachtung an einer 40jährigen Frau mit schwerem Asthma, der Sepia geholfen hat, aber jetzt plötzlich schwerste Angst, sie verlangt ihr Asthma zurück, denn sie sieht ihre Lage ausweglos, weil materiell abhängig von Ehemann:  für sie ist Heilung also schlimmer als Krankheit (zit. in: ZKH 1984 S.37-38) 
CK Symptom 31: Verzweiflung über armselige Lage (wie Synth.Rep. I 976) 

Eben dieses Sepia-Symptom bot Dr.Walter Hess den Schlüssel, eine erschöpfte Krankenschwester 43 Jahre alt von ihrer Suizidabsicht abzubringen - im Angesicht der Schönheit des Pazifiks (zit. in: ZKH 1984 S.108-112) 
Gabe: Sepia C 200 am 13.3.1982 - weiterer Verlauf: M am 30.4.1982, XM 
      am 16.7.1982, wieder C 200 erst am 22.8.1983, repetit. am 3.12. 
      1983,  M am 2.1.1984, C 200 am 18.3.1984 

Eine ähnliche Langzeitbeobachtung gibt Dr. Manfred v.Ungern-Sternberg  von einem Lehrer mit chronischen Analfisteln wieder, dem Ligaturen und Injektionen lokal palliative Hilfe  zeitweise boten. Auf Sepia brachten ihn aber die Symptome 
-Lachen bei ernsten Angelegenheiten (Peinlichkeiten), 
-Pedanterie 
-sehr empfindlich nach Kränkung 
-Zurückkommen auf Unangenehmes, verdrängt  Trost 
-Bewegung anfangs schlimmer, fortgesetzt dann besser 
-feuchte Kälte schlimmer 
(zit in: ZKH 1981 S.201-204). 
Gabe: Sepia C 200, dann Placebo, Injektionsserie, 9.12. wieder 
       schlimmer, also C 200, dann bis März Placebo, am 26.Mai wieder 
       Fistelgang rechts, also M, wiederholt am 30.6., am 30.10. XM, 
       am 27.2. Abszeß, erhält Hep-s. 200, anderntags eröffnet, am 14. 
       3. depressiv, erhält XM, alle Wunden zu, am 25.9. fast alles zu, 
       er fährt aber Rad, erhält XM, am 15.11. Ignatia-Gastritis, am 
       28.12. beginnt kleiner Abszeß, erhält Myrist. C 4, 4.März 
       Hüftgelenk schlimmer durch feuchte Kälte, erhält LM, 
       wiederholt am 3.10. 
Sepia-Beschreibungen sind versammelt in H.V.Müller, Sepia (1986), darin  a u c h  männliche Patienten, denen Sepia half, so einem 43jährigen Dozenten, kam ursprünglich wegen Armschmerzen und Prostatitis, fühlte sich überfordert; aufgenommen wurden die Symptome 
-Beschwerden durch Kränkung und Demütigung 
-Geringschätzung durch andere verschlimmert 
-Verlust des Ehrgeizes 
-Beschwerden durch Verlegenheit 
-stilles Wesen (will nicht auffallen) 
-langsam 
-Traum zu fallen 
(zit. in:ebda S.69-77) 
Gabe: Sepia C 200 i.v.Inj. 
Im übrigen war es Müllers Verdienst, die Bedeutung der Psychoanamnese für die homöopathische Mittelwahl herausgestellt zu haben (sein eigener Artikel in: ZKH 1981 S.145 ff.  und Nachruf in: AHZ 246/2001 S.29). 
 

5.3 Lösung komplizierter mehrmiasmatischer Kasuistiken

Über den Fachbegriff „ mehrmiasmatisch“  kann man sich bequem im TA Hom. S.84-88 informieren. 
Zugrunde liegen Hahnemanns §73 (acutes  Miasma), §78 (natürliche chronische Krankheit aus chronischem Miasma) und §81 (Psora als "dieser uralte Ansteckungs-Zunder").
Liste der  Homöopsorica (in: ZKH 1964 S.58-60 von Acon. bis  Zinc.met.), Homöosycotica (ebda S.60-61 von Aesc. bis Viburn.) und  Homöosyphilitica (ebda S.61-62 von Arg.met. bis Thyreoid.) 
Sepia ist eingereiht auf S.61 unter Homöosycotica, als Quellen:  J.H.Allen, The chronic miasms, und J.T.Kent, Materia medica. 
Eine orientierende Übersicht über Symptome der drei Miasmen in reiner Form und kompliziert als Psora und Syphilis, Sykosis-Psora, Syphilis-Sykosis und Psora-Syphilis-Sykosis  (ebda S.86-89). 
Eine Lebensgeschichte als psorisches Geschehen gedeutet, lieferte J.K.v. Fimelsberg (in: ebda S.195-204). Er zeigte damit konkret einschl. numerierter Symptome, „daß Hahnemanns Beobachtungen betreffend Stadien der Psora-Entwicklung mit bestimmter Symptomatologie an chronischen Krankheitsfällen auch heute noch bestätigt werden können“. 
Einzige philologische Anmerkung: das Wort „Psora-Theorie“ (letztes Wort der Anm. zu §284) stammt von Rich.Haehls Hand, n i c h t  von Hahnemann (ebenso wie „eugenische Kur intra gravid.“), so J.M.Schmidt als Herausgeber der am Original geprüften Org.VI (Standardausgabe 1996 S.385). 
Wie ging Hahnemann konkret damit um ? 
Die Krankengeschichte von Marquis d´Anglesea (von 1834 bis 1836) zeigt es auf: Fall 26 in H. Seiler (1988). 
Wie dies in modernen Zeiten (Südamerikas) aussieht, zeigt Dr. Z.J.Bronfman für eine 39jährige Uruguayerin mit den Symptomen 
-Verlassenheitsgefühl 
-dauernd Sicherinnern an unangenehme Ereignisse aus der Vergangenheit 
-Gefühl des Gnadenverlusts 
-Angst, daß ihre Söhne verhungern würden 
-Todesfurcht, bes. seit sie die klinische Diagnose Lupus eryth. kennt 
-sehr leicht gereizt gegenüber Ehemann und Söhnen, die sie stundenlang nicht sehen will 
-nachtragend. 
Sepia deutet Dr.Bronfman als antisyphilitisch (zit. in: ZKH 1985 S.140-144). 
Gabe: Sepia (Potenz ungenannt) insges. 3 Mal, starke Erstverschlimmerung, dann langsame und stetige Besserung (klinisch gesichert). 
Miasmen sind die Gretchenfrage der Homöopathie; eine moderne Deutung bietet Fr.Dr.Jutta Gnaiger (in: ZKH 1985 S.180-190), ihre These: Urübel ist angeboren, Psora ist Gegenstück zu Geist, der die Lebensaufgabe verwirklicht (s. Org.VI§ 9); sie zeichnet die Unterschiede der Schulen von Paschero, Ortega und Dorcsi. 
Die radikale Gegenposition vertritt W.Klunker als Neuherausgeber der CK (ebda zur Einführung 1988): alles Medizingeschichte und damit überholt. Er bekräftigte dies (in: ZKH 1988 S.135): 
-Hahnemann stellte zwar die theoretisch-medizinische Miasmenlehre für die real auftretenden Fälle von Syphilis, Krätze usw. auf, verlangt jedoch für die Mittelwahl  ausschließlich nur wahrnehmbare Symptome der gesamten chronischen Krankheit, frei von hypothetischen Verursachungen. 
„Was nützt uns Hahnemanns Doktrin von den chronischen Krankheiten ?“ J.K.v. Fimelsberg nennt (ebda 1962 S.270-273) acht Aspekte: 
-chronische Krankheiten sind nur antipsorisch heilbar, wenn auch ab und zu interkurrent Nicht-Antipsorica angewandt werden; 
-wenn tatsächlich mehrere Mittel angezeigt sind, dann entscheide dich für das antipsorische, antisykotische usw. Mittel; 
-keine Unterdrückung ! 
-manchmal gibt es wertvolle Hilfe durch apsorische Mittel, aber sie haben irgendwann auch in höherer Potenz Ende, also doch das ähnliche Antipsoricum suchen, etwa aus Umständen der  Biographie usw.; 
-akute Krankheit heißt Auflodern des  chronischen Grundleidens, also heile mit Antipsorica usw. aus; 
-wenn ein Fall nur wenige Symptome hat, dann klärt die Suche nach dem chronisch-miasmatischen Hintergrund; 
-als Prognose kann gelten: je schlimmer der Zustand, je mehr  chronische Miasmen ineinander sind beteiligt; 
-je früher homöopathische Behandlung einsetzt, umso leichter ist Heilung möglich. 
Einwände: 
-das Andromeda-Miasma der radioaktiven Schädigung (s.  ZKH 1977 S.3-4) seit Hiroshima, Nagasaki, Cernobyl , Neutronenbombe usw. bleibt unberücksichtigt; 
-ist die systemische Mangelerkrankung Tuberkulose (kontinuierliche Organschädigung von außen nach innen nach §72) nicht ein weiteres eigenständiges Miasma (als Kompromiß „Pseudopsora“ genannt)? 
Vorläufiges Fazit, das die Simile-Regel im Zentrum beläßt: 
„Da ein chronischer Krankheitszustand meist aus einem „Knäuel“ von verschiedenen miasmatischen Fäden bestehe,müssen diese im Laufe einer homöopathischen Behandlung - in Übereinstimmung mit dem „Hering´schen Gesetz“ - s c h i c h t w e i s e  in der Reihenfolge ihrer jeweiligen Dominanz abgetragen werden.“ (TA Hom. S.87) 
Hahnemann, der ein Mikroskop besaß und in dessen Zeit Objekte bereits zum Sichtbarmachen angefärbt wurden, unterschied schon  die venerischen Erkrankungen Syphilis und Gonorrhoe (s.§79); J.H.Allen (1856-1925) unterschied das Erworbene an Erkrankungen vom Angeborenen (s. TA Hom. S.85). 
Eins sollte unstrittig sein: 
-Hahnemann sah Miasmen (hierin „klügelte“ er, statt nach §1 „nur zu heilen“) als beeinflußbare Ursache von Chronifizierung; es verniedlicht diesen Ansatz (und macht ihn unbrauchbar), indem Psora nur noch als hypotone Reaktion („zu wenig“), Sycosis als hypertone Reaktion („zu viel“) und  sog. „innere Syphilis“ (§204) bzw. modern: Syphilinie als Perversion und Ulzeration abgetan wird  (sog. Reaktionslage der Miasmen nach H.Deichmann, in: ZKH 1976 S.10 oder S.Ortega, in: ebda 1985 S.187). 
 

5.4 Beurteilung von Fehlern in einer Kasuistik
Zitat: „Die homöopathischen Mißgriffe sind die schlimmsten.“ (geflügeltes Wort, angeblich von Kent, beliebter Zwischenruf auf Homöopathiekongressen) 

In Fall 296  mit regellosem Fieber seit 11/2 Jahren trotz Allopathie und Homöopathie entdeckt Dr.Eichelberger die "Idee der Störung": 
regellos  w e g e n  homöopathischer Potenzen - das steht in Kent II 42 wie auch in Complete Repertory S.2717 o.Q. 
Gabe: Sepia 2w., einzig 
Als anderes Beispiel führe ich eine Differenzierung von Kalium jodat. und Sepia durch Dr.K.H.Gypser an: 
chronische Schmerzen durch (?) in CT gesichertem Prolapsus disci an L V/S I medio-lateral, ursprünglich nach Sturz, seit 5 Monaten Ischialgie rechts, früher half ihr Sepia; daher erhielt die Patientin 1 Glob. Sepia M, spürte aber nur leichte Besserung, nach 1 Woche alles wie entzündet, Liegen rechts schmerzt auch - das wird im AMB Kali-j. gesehen. 
Sie erhält 1 Glob. M, von da an täglich besser, sie kann sich nach Tagen ungehindert bewegen; dies blieb auch 2 1/2 Jahre danach noch so. 
Epikrise: Sepia geht zwar durch alle gesuchten Rubriken durch, ist aber nicht das Simile. Eine quellenhistorische Nachprüfung  befindet, daß Kents Eintragung an dieser Stelle n i c h t  aus Allens Encyclopedia und Herings Guiding Symptoms stammt (zit. in: ZKH 1989 S.66-75). 
Im gleichen Artikel wird der zweite Fall (ähnliche klinische Beschwerden durch Protrusio und Prolapsus disci mit Sequesterbildung, im CT gesichert) mit einer drastischen Erstverschlimmerung nach Sepia M vorgeführt, wobei früher übliche Analgetica nicht mehr helfen, Klinikeinweisung, am Tag darauf kein Schmerz mehr, die Klinik rät, nochmals eine Schmerzsituation zu provozieren, um für die Operationsindikation sicher zu gehen; Patient verläßt dieses Haus und blieb trotz fortgesetzter Hausarbeit beschwerdefrei. 
Epikrise: Kents Empfehlung von Wirkungsdauer 14 Tage war für Anfänger eine Richtlinie, heute richten wir uns nach dem jeweiligen Befinden der modernen Patienten. ("...jede Potenzstufe wirkt eben, solange sie wirkt, ob es nun Stunden, Tage, Wochen oder Monate sind, das ist bei jedem Fall individuell verschieden." Dr. FWPH Sohn, in: ZKH 1982 S.237 -  zumal sich die Menschen in ihrer Reaktionsweise während der letzten Jahrzehnte entschieden gewandelt haben, möchte man mit Dr.Karl v. Petzinger hinzufügen, s. ebda schon 1966 S.281). 

5.5 Beurteilung von Reaktionsweisen anhand einer Kasuistik
(Dosierung, falsches Mittel, Störung, interkurrente Erkrankung u.a.) 
Zitat „Die Einzelgabe, die Mehrfachgabe in aufsteigendem Verfahren und die Dosierung „in Stufenform“ sind von nicht abzuleugnender Wirkung für einen mit Verstand Begabten, der von Voreingenommenheit frei ist.“ (Charles Pahud 1955 in Stuttgart, zit. in: ZKH 1965 S.226) 

Besserung schließe Gabenwiederholung  (der C-Potenzen) aus, so Hahnemann in § 246. 
Rückkehr alter Symptome sei nicht eine Neuerkrankung, sondern die Reaktion auf die erste  gut gewählte antipsorische Arzneimittelgabe, beobachteten Hahnemann (s. CK Band I S.147) und Kent; prognostisch bedeute dies, daß die Krankheit heilbar sei (zit. aus: ZKH 1982 S.237). 
Man erinnere sich der Uruguayerin (s.o. Pkt.5.3), die die klinische Diagnose unheilbarer Lupus mit Todesfurcht beantwortet hatte, unter Sepia aber mit Besserung reagierte, und zwar zuerst mit dem Gemüt (§210, 211) ! 
Ich wage das Werturteil, die Verurteilung "falsches Mittel" nicht. 
Stattdessen verweise ich auf die Krankengeschichte (in: ZKH 1984 S.235-236) eines Jungen mit Asthma kompliziert  durch Neurodermitis, behandelt mit Injektionen von AP V (Fa. Steigerwald), der wegen plötzlicher Angina (in dieser Reihenfolge) Sil., Hep-s. und Merc. erhalten hat, dann ein Exanthem zeigte und Meningitis bekam; der Arzt gab Bell. XM, dennoch Unruhe, Nackensteife und Gliederzucken. 
„Wegen des zurückgetretenen Ausschlags gab B. nunmehr Zincum - daraufhin machte der Junge die Masern durch. Er war insgesamt 6 Wochen krank, aber in diesem Frühjahr ist sein jahrelanges Ekzem geheilt, er hat erstmals kein Asthma mehr, und der ersatzweise aufgetretene leichte Heuschnupfen wird auch noch geheilt werden. 
Wir sehen, es braucht jeder Patient sein individuelles Mittel, selbst bei festständigen Krankheiten wie die Masern, und auch bei Beachtung des Genius epidemicus kann von einer Routinebehandlung in der Homöopathie keine Rede sein.“ (ebda S.236) 
Wenn sogar die Meister Schwierigkeiten hatten, die Modalität des Lokalsymptoms "linksseitige Gesichtsneuralgie, immer vormittags schlimmer, besser durch Gehen im Freien und nach Essen" als Allgemeinsymptom von Sepia zu erkennen (von Kent im Juni 1909 in Detroit geleitete Diskussion über Repertorien, angeführt von G.v.Keller, in: ZKH 1984 S.228 mit Anm.5) ! 
Da die ausführlich beschriebene und mit Einzelmittel therapierte Krankengeschichte von W. Hess (in: ZKH 1984, siehe oben Pkt.2.3) ohne Zwischenmittel auskam, schlage ich zum Stichwort „interkurrent“ den Fall 2 von H. Leers (zit. in: ZKH 1976 S.242) vor. 
Denn er beschreibt mit der Überschrift  „Die Rolle  kleiner Mittel im Rahmen der Konstitutionsbehandlung“ gleich die Aufgabe: Schmerz oder akute Symptome zu lindern, ohne das Weiterlaufen des vorigen Mittels zu antidotieren.  Leers: „Zur schnelleren Behebung gleichzeitiger örtlicher oder spezieller Syndrome kann wie gesagt ein zweites Mittel nötig sein.“ 
Als Beispiel führte er den Fall einer 26jährigen Masseuse mit Kopfweh alle 6 Wochen, mit Trübsehen und fünfmaligem Erbrechen an, warmes Essen verschlimmert, ebenso feuchtwarmes Wetter, dauernd nasser Schnupfen, Nasenspitze eiskalt. 
Sepia C30 ohne Erfolg, erst  nach Carbo-veg. C30 keine Migräne mehr, aber noch - und in ihrem Beruf besonders fatal - Bewegungsschmerz und Schwellung der Fingergelenke. Jetzt erhält sie Colch. D10 morgens 5 Tr.   Ihre Finger waren nach wenigen Tagen tüchtig und blieben es. 
Als zusätzliches Beispiel, diesmal mit Hochpotenz, führe ich den Verlauf einer chronisch entzündeten  Haut mit überschießenden Reaktionen an (K.-H. Gypser, Neurodermitis-Behandlung, in: ZKH 1988 S.156-157): 
-Frau, 31 Jahre alt, seit Kinderzeit Neurodermitis, später Asthma und Heuschnupfen, gereizt ante Mens., Abneigung gegen Gesellschaft, besser allein, Angst im Dunkeln, Ohnmachtsanwandlung an hochgelegenen Orten, spät Laufen gelernt - all dies führt Nat-m, und sie erhielt es in CM (Schmidt-Nagel) 1 Glob. 
In den ersten Tagen ungeheure Verschlimmerung wie nie zuvor, wegen Ferien  niemand zur Hilfe erreichbar, die früher benützte Cortison-Salbe half wenig, ab der vierten Woche allmählich besser, nach und nach ganz abheilend. 
3 Monate nach dieser Einzeldosis wegen akuter Störung einmal Nux-vom. 200, wonach Haut wieder überschießend mitreagierte, daher zunächst Sulf. 200, dann Sep. 200, zuletzt Nat-m.200 weiter, wodurch sie symptomfrei wurde.- 
Die Begriffe „interkurrent“ oder Zwischenmittel finde ich im Organon VI nicht. 
Eine antipsorische Arznei „in der gehörigen Gabe gereicht, lasse er  i n  d e r  R e g e l  völlig auswirken, ohne sie durch irgend ein Zwischenmittel zu stören.“ (CK I S.147) 
Hahnemann nannte  für typische Wechselkrankheiten in § 234 Chinarinde hom. zum „Zwischen-Gebrauch“, „um ihren wechselfieberartigen Typus vollends auszulöschen.“ 

5.6 Patientenbeobachtung
(was ist unzweifelhaft im Krankheitsfall erkennbar,  welche sicheren Symptome gibt es im vorliegenden Fall,   was ist  am Patienten sonst noch wahrnehmbar ?) 

Hahnemann verlangte in §1 wie auch in §83 vom Untersucher "nichts als Unbefangenheit und gesunde Sinne, Aufmerksamkeit im Beobachten und Treue im Aufzeichnen des Bildes der Krankheit". 
Dazu ist dem Verf. "eine Demonstration seines Biologielehrers in Erinnerung, der 2 Roggenkörner auf den Tisch legte, eines davon mit dem Hammer zerschlug und sagte: "Nun beschreibt, was hier soeben geschah!" 
Lähmendes Entsetzen bei allen, unterdrücktes Kichern, denn wir hatten etwas ganz anderes erwartet. Unsere teils fragenden, teils empörten Gesichter offenbar mit Genugtuung betrachtend, meinte er, und das klang gar nicht schulmeisterlich: "Denkt darüber nach, warum aus dem zertrümmerten Korn kein neuer Halm mehr werden kann, obwohl die Bestandteile beider Roggenkörner dieselben geblieben sind !" 
Einige von uns haben ein leeres Blatt abgegeben..." 
(zit. aus: Werner Gestrich-Rabe, Viscum album und Pflanzengeschwulste,2.Aufl. Heidelberg 1976 S.29) 
Wir sind kein unbeschriebenes Blatt (und bedenken die fünf narzistischen Kränkungen des modernen Menschen). Wer also seine Ruhe  haben will, der/die lese im TA Hom. S.24-27 - fertig ! 
Unter www.simillimum.net  findet sich ein Artikel Patientenbeobachtung   mit den zutreffenden Rubriken aus Kent und Synth.Rep.- 
Tatsache ist doch, daß  mit unseren fünf Sinnen der eine/die eine besonders gut sieht, der/die andere sehr gut hört und so jede/-r anders wahrnimmt;  wer also  über seine Nasenspitze hinausreichen will, der/die vergleicht und sucht das Eigene im Fremden als Ähnliches zu finden, sprich: da sich moderne Medizin (fast nur noch) als angewandte Naturwissenschaft  (s.o.Pkt.1.7) versteht, hat sie nicht einmal mehr einen Begriff von Chronifizierung, von Heilmittel usw. 
Ergänzung ist also lebens-, gesundheitsrettend, z.B. Erhaltung der Gesundheit durch Vorbeugung, jede/-r muß sie in eigener Verantwortung pflegen, statt an Großsysteme gegen Bezahlung zu delegieren, denn:"Die Naturgesetze der westlichen Medizin sind Kausalgesetze, d.s. generelle Aussagen über Zusammenhänge von Ursache und Wirkung: zum Beispiel: "Übermäßiger Alkoholgenuß führt (bei allen Menschen) zu Leberzirrhose." ...Eine solche Argumentationsweise ist, ungeachtet ihrer eventuellen Richtigkeit, mit zwei schwerwiegenden Mängeln behaftet: Zum einen abstrahiert sie von sämtlichen weiteren Einflüssen, die auf Menschen einwirken und auch ihr 
Krankheitsgeschehen bestimmen. Zum anderen setzt sie die Wahrheit einer stillschweigenden, aber äußerst fragwürdigen Annahme voraus: Sie unterstellt die Gleichartigkeit der Organe und übrigen Körperteile (oder, wie wir auch sagen, die Homogenität des Substrats) aus medizinischer Sicht. Das bedeutet, für den Arzt sind alle Lebern von Menschen gleich, alle Nieren, alle Mägen..." 
 (Manfred Porkert, Die chinesische Medizin S.60) 
Prof. Porkert fährt dann S.62 fort: "Ganz anders die chinesische Medizin; im Gegensatz zur westlichen ist sie eine funktionale und induktivsynthetische Wissenschaft. Sie versteht den Menschen als ein System von Funktionskreisen, die ohne zwingenden Bezug auf ihre somatischen Träger gesehen und beschrieben werden." 
Und weiter S.65: ( für die chinesische Medizin) "gründen Gesundheit sowie die Verhütung von Krankheiten vor allem auf der Erhaltung der Orthopathie, also auf jenen Kräften, welche die persönliche Unversehrtheit aufrechterhalten. Nur ausnahmsweise und als äußerstes Mittel darf versucht werden, die Gesundheit durch eine direkte Bekämpfung von störenden oder schädigenden Wirkungen wiederherzustellen.(Klassikerzitat). Infolge grundsätzlich verschiedener Perspektiven der Wirklichkeit -...-fördern westliche und chinesische Medizin bei der Betrachtung ein und derselben Erscheinungen völlig verschiedene Aspekte derselben zutage." 
TCM gewinnt ihre Wertnormen, auf vier Wegen voranschreitend, nämlich durch Diagnose per Augenschein (inspectio), per Gehör und Geruch (auscultatio et  olfactio), durch umfangreiche Befragung ( interrogatio) und durch Tastung (palpatio) von Puls und Druckpunkten. 
Der geschulte chinesische Therapeut kann im Puls "nur nach etwas 
suchen und das Gefundene gegenüber anderem abgrenzen, nachdem er weiß, 
was er sucht und worauf es ankommt." (ebda S.212) 
Dazu verlangte Hahnemann den Symptomen-Inbegriff (§6, s.o.Pkt.1.3), will heißen in unserem Sepia-Beispiel von Dr.W.Hess (s.o.Pkt.5.2 aus ZKH 1984): 
die Krankenschwester kam wegen "objektiven" Haarausfalls (inspectio ergab Alopecia areata) und ließ per interrogationem erkennen: 
-rezidivierende Knie- und Sprunggelenksschmerzen 
-sie friere dann leicht und habe kalte Füße im Bett 
-morgens meist Übelkeit und Schwäche, Kaffee bessere 
- sie erwache mit Angst, Herzklopfen und unregelmäßigem Herzschlag 
-außer Haarausfall noch Zehenpilz, rechts mehr als links 
-bei gedrückter Stimmung habe sie zweimal Suizid-Antriebe gehabt 
-dies aus Verzweiflung über ihre karge Existenz, 
dies entspricht CK Symptom 31. 
Gabe: Sepia C 200 5 Tropfen am 13.3.1982 
Es folgt Verlaufsbeobachtung (S.109-111) und Epikrise. 
 

5.7 Eigene Kasuistiken vortragen und in der Gruppe analysieren
(selbstkritische Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit) 
 

5.8 Analyse schwieriger Fälle unter Supervision
 

VI   LITERATURVERZEICHNIS

A. Prüfungen
Chr.Fr.S. HAHNEMANN,  Die chronischen Krankheiten, ihre eigentümliche Natur und homöopathische Heilung. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe letzter Hand mit einer Einführung von Dr.med.Will Klunker, Band  I bis V  4.Ndr. Heidelberg  1988 
(abgekürzt: CK) 
C.HERING, Leitsymptome unserer Materia Medica, übers. und hrsg. Rene´e von Schlick, Band 9 Aachen 1998 
(abgekürzt:  GS) 

B. Folgende Repertorien wurden  benützt
Complete Repertory . Gemüt bis Allgemeines von Roger van Zandvoort, übertragen ins Deutsche von Henning Droege, Ruppichteroth 2000 
(abgekürzt: CR) 
Kent´s Repertorium der  homöopathischen Arzneimittel, , neu übers. und hrsg. Georg v. Keller und  Künzli v.Fimelsberg,   5.unveränd.Aufl. Heidelberg  1979 
(abgekürzt: Kent) 
Synthetisches Repertorium, hrsg. Horst Barthel, 2.erw. Aufl. Heidelberg 1980 
(abgekürzt: SR) 

C. Weiterführende Literatur
Kat. Homöopathie 1796-1996. Eine Heilkunde und ihre Geschichte, hrsg. Sigrid  Heinze, Berlin 1996 

Horst Barthel, Homöopathische Schätze von und mit Pierre Schmidt,  Schäftlarn 1994 

Margery Blackie, Lebendige Homöopathie. Gesammelte Erfahrungen als vitale Arzneimittellehre,  München 1990 

Artur Braun, Methodik der Homöotherapie. Leitfaden für die Ärztekurse in homöopathischer Medizin,  3.erw. Aufl. Regensburg 1985 

Fritz Donner, Quellenverzeichnis der Arzneiprüfungen von 800 der wichtigsten homöopathischen Heilmittel, Berlin o.J. (1937) 

Otto Eichelberger, Klassische Homöopathie. Lehre und Praxis, Heidelberg 1976 

Karl und Roland Eichler, Neurodermitis  erfolgreich behandelt durch klassische Homöopathie, Schäftlarn 1996 

Ernst A. Farrington, Klinische Arzneimittellehre. Eine Reihe von Vorlesungen,  gehalten am Hahnemann Medical College, Philadelphia, übers. Hermann Fischer,  unveränd.Ndr. der Ausgabe Lpz. 1913, Göttingen 2.Aufl.1985 

Samuel Hahnemann,  Organon der Heilkunst. Standardausgabe der 6.Aufl., hrsg. Josef M. Schmidt, Heidelberg 1996 

Michael Hoffmann, Bönninghausen Therapeutisches Taschenbuch für homöopathische Ärzte, neu bearb. M. Hoffmann und L.G.Kampe,  2.Aufl.  Neckarsulm/Stuttgart  1992 

Georg v.Keller, Erlebte Homöopathie. Fälle aus 60-jähriger Praxis, Stuttgart 2001 

A.Kornerup und J.H. Wanscher, Taschenlexikon der Farben. 1440 Farbnuancen und 600 Farbnamen, 3.Aufl . Göttingen 1981 

Otto Leeser, Lehrbuch der Homöopathie, Teil C: Tierstoffe, Ulm/D. 1960 

Julius Mezger, Gesichtete Homöopathische Arzneimittellehre. Bearbeitet nach den Ergebnissen der Arzneiprüfungen, der Pharmakologie und der klinischen Erfahrungen, 5.Aufl. Heidelberg 1981 
(abgekürzt: GHA) 

Hugbald V. Müller, Homöopathische Psychotherapie. Bd. I: Sepia, Heidelberg 1986 

ders., Die Farbe als Mittel zur Simillimumfindung in der Homöopathie. Band II, Heidelberg 1992 

Manfred Porkert, Klinische Chinesische Pharmakologie, Heidelberg 1978 

ders., Die  chinesische Medizin. Mit Geleitwort von Veronika Carstens,  2.Aufl. Düsseldorf 1989 

Josef M. Schmidt, Taschenatlas Homöopathie in Wort und Bild. Grundlagen, Methodik und Geschichte,  Heidelberg 2001 
(abgekürzt: TA Hom.) 

Hanspeter Seiler, Die Entwicklung von Samuel Hahnemanns ärztlicher Praxis anhand ausgewählter Krankengeschichten, Heidelberg 1988

Ludger Simon, Schmerztherapie mit homöopathisch potenzierten Heilpflanzen. Eine klinisch-therapeutische Studie unter besonderer Berücksichtigung des chirurgischen Fachgebiets, Heidelberg  1987 

Jeremy Sherr, Die homöopathische Arzneimittelprüfung. Dynamik und Methode, Rösrath 1998 

James William Ward, Unabridged dictionary of the sensations „as if“, Jain Publishers New Delhi reprint 1988  (orig. San Francisco 1939) 

Siglen für Zeitschriften: 
-Allgemeine Homöopathische Zeitung (AHZ) 
-Deutsche Homöopathische Monatsschrift (DHM) 
-Zeitschrift für klassische Homöopathie und Arzneipotenzierung (ZKH) 
 

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