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Arzneistoffe in alphabetischer Ordnung

 
  
Lateinische Bezeichnung Kürzel Deutsche Bezeichnung Geprüft durch:  Familie
Belladonna atropa
bell.
Tollkirsche
Wiederholte Prüfungen durch Hahnemann, er führt 1422 Symptome auf HR
Solanaceae

                                                             Photo:  Gudjons

  

HAB I Vorschrift: 2a 

Verwendet wird die frische Pflanze, mit Wurzelstock am Ende der Blütezeit. 

Allen zitiert 286 Prüfer führt 2545 Symptome auf. 

Malcom Macfarlan 1894 Provings and clinical Observations with High Potencies, Homoeopathic Physician  HPH

"The test proving of the O.O.a.I.Society - a Reproving of Belladonna" Boston 1900 

Bellows  A Proving of Belladonna 1906

Pirtkien  Eine Arzneimittelprüfung mit Belladonna, Stuttgart 1963,  Hippokrates


 
THEMA 
"Violence runs through Belladonna, violence und suddenness. We associate Belladonna in our minds with sudden violence- violent pain, violent headache, violent throbbings, violent delirium, violent mania, violent starts and twitchings, violent convulsions." TyM

ALLGEMEINES 
Das klinische Bild von Belladonna ist beherrscht durch Erregung des arteriellen Blutgefäßsystems mit sichtbaren und spürbaren Kongestionen des Blutes zu Gesicht und Kopf. Neben den klopfenden Schmerzen mit Rötung des betroffenen Körperteils ist ein intensives Gefühl von Hitze und Brennen vorhanden. Es ist der Zustand, in dem sich eine Entzündung zu lokalisieren beginnt. Die Vorgänge an den Gefäßen und Nerven laufen allerdings nicht nur entzündlich ab, so daß die Indikationsbandbreite von Belladonna neben den klassischen entzündlichen Erkrankungen wie Scharlach, Angina etc., eben auch nicht entzündliche wie Epilepsie, Neuralgien, Migräne etc. beinhaltet. Indikator für den Gebrauch des Mittels ist der plötzliche heftige Beginn einer Erkrankung. Belladonna-Erkrankungen beginnen häufig nachts mit zügigem Fieberanstieg bis auf sehr hohe Temperaturen. Dabei besteht eine ausgeprägte Erregung des Zentralnervensystems. Dieser Zustand des Gehirns wird durch die Hyperämie sowie die direkte toxische Beeinflußung hervorgerufen. Brennende, trockene Hitze mit Röte der betroffenen Körperteile, schneller Fieberanstieg und starke neuralgische Schmerzen, die plötzlich kommnen und wieder verschwinden, sind typische Leitsymptome von Belladonna. Oberflächlich betrachtet kann Belladonna leicht mit Aconitum   verwechselt werden. Für beide Substanzen sind diese Symptome typisch. Der Krankheitsverlauf bei Aconitum ist allerdings noch stürmischer als bei Belladonna. Das Aconitum-Fieber ist meist schon voll entwickelt, bevor es überhaupt zu einer Krankheitslokalisation gekommen ist. "The fevers caused by the two drugs are distinguished in the following manner: Belladonna does not produce fever primarily from its action on the sympathetic nervous system; Aconite does do this. Belladonna acts secondarily on the sympathetic and primarily on the cerebro-spinal nervous system, hence is of use only when that system is involved, which in children occours very early in the case."FM Die Angst wird bei Aconitum existenzieller erlebt (Furcht vor dem Tod, sagt die Todestunde voraus). Die Röte des Gesichts ist heller als bei Belladonna oder gar Bryonia . Man findet eine karmesinrote Färbung der Gesichtshaut vor, mit ausgeprägter Angst; bei Belladonna hochrote glänzende Färbung des Gesichts mit starker fühlbarer Hitze, weiten Pupillen und konvulsiven Bewegungen der Fazialismuskulatur bis zum Risus sardonicus, wohingegen das Gesicht des Patienten, der Bryonia benötigt,  dunkelrot bis purpurn und geschwollen ist. Bryonia-, Gelsemium - und Baptisia-Patienten  sehen häufig aus wie betrunken. Bei Ferrum-phosphoricum kommt es zu partiellen Kongestionen. Es bilden sich rötliche Flecke auf der sonst blassen, erdfarbenen Haut. Das Phänomen der partiellen Kongestion gibt es allerdings auch bei Belladonna und Aconitum. Bei beiden Mitteln kann infolge Lageveränderung Blässe und Röte abwechseln. Eine Wange rot,  die andere blass ist für Aconit ebenfalls typisch (vgl. cham.), rötliche scheckige Fleckbildung für Belladonna (vgl. bapt.)

Der akute Krankheitsverlauf, auf den Belladonna paßt, ist gewaltig wie ein Erdbeben. Der Patient wird aus voller Gesundheit gepackt und erlebt binnen Stunden eine massive Bedrohung seiner Gesundheit. Das Mittel ist besonders wirksam bei robusten Patienten, die in gesunden Tagen intelligent, plethorisch, jovial, unterhaltsam und gewinnend sind, aber während Erkrankung mit starken Abwehrreaktionen aufwarten. Sie werden ungehalten, reizbar, zornig und wild. Belladonna ist ein großes Kindermittel. Die Temperatur steigt sofort sehr hoch, Völle, Kongestion und Empfindung von Schwellung sind charakteristische Merkmale; Schmerzen sind intensiv, schneidend, schießend, greifend, intermittierend, periodisch, plötzlich kommend und gehend, von wahnsinnigmachender Intensität. Absonderungen sind heiß und spärlich. Rechte Seite. Beschwerden durch Sonnenbestrahlung. Wirkt konstriktiv auf die zirkuläre Muskulatur der Blutgefäße und Sphinkteren; Hals, Anus, Ductus choledochus etc.

MODALITAETEN 
Verschlimmert durch: 
Sonnenhitze; erhitzt werden generell. Empfindlich gegen Zugluft am Kopf; Haareschneiden, Waschungen des Kopfes. Erkältungen. Licht, Geräusche. Erschütterungen. Unterdrückte Schweiße. Berührung. Gesellschaft. Druck. Bewegung. Hängenlassen betroffener Körperteile. Nachmittags. Niederlegen. Fixieren glänzender Gegenstände oder fließenden Wassers. 

Gebessert durch: 
Leichte Bedeckung. Nachhintenbeugen des Rumpfes. Ausstrecken der Glieder. Ruhen im Bett. Stehen. Den Kopf anlegen. Liegen auf dem Abdomen. 

GEMUET 
Überempfindlichkeit aller Sinne. Licht, Geräusche, Erschütterungen. Aufruhr. Wilde delirante Aktivität.  Starke Erregung und Ruhelosigkeit, sich getrieben fühlen. Weint leicht. Hastiges Reden. Tanzen, Lachen, Pfeifen, Beißen, Schlagen, Spucken. Furcht vor eingebildeten Dingen. Halluzinationen; sieht Geister, Gesichter, furchtbare und phantastische Dinge. Der Patient lebt in seiner eigenen Welt. Ein Engel, wenn gesund, aber ein Teufel, wenn krank. "Mental symptoms > taking light food." PhM

KOPF 
Kongestive, hämmernde, berstende Kopfschmerzen, besonders in den Schläfen, < durch Bewegung, Erschütterung, > durch Hängenlassen der Haare, Auflegen der Hand auf den Kopf, Zurückbeugen des Kopfes. Kälteempfinden in der Mitte der Stirn. Schmerzen erstrecken sich vom Kopf zum übrigen Körper. Schwindel < durch Bücken bzw. durch Aufrichten vom Bücken. Hydrocephalus. Meningitis; Opisthotonus. Rollt den Kopf hin und her. Empfindlich gegen Zugluft, Haareschneiden oder Kopfwaschungen. Der Kopfschmerz von Glonoinum ähnelt dem von Belladonna, insbesondere nach Sonnenbestrahlung sind die Symptome fast identisch. Der Unterschied liegt in der Temperaturmodalität. Während der Glonoinum-Kopfschmerz durch Wärme deutlich verschlimmert, ggf. sogar durch Kaltauflagen gebessert wird, ist der Belladonna-Patient sehr empfindlich gegenüber Kälte des Kopfes. Das Gesicht des Glonoinum-Patienten ist zudem häufig blasser als das desjenigen, der Belladonna benötigt (vgl. acon. , amyl-ns.)

AUGEN 
Mydriasis. Augäpfel glänzend, hervortretend. Wilder starrer Blick. Konjunktivitis. Exophthalmus. Lebhafte Halluzinationen, bei geschlossenen Augen. Farbensehen. Sieht rot. Photophobie. Diplopie. Triplopie. Nachtblindheit. Anfallsweise Blindheit; danach sieht er gelb. Augenlider; kongestioniert, geschwollen und wund. Zeilen erscheinen gekrümmt beim Lesen. 

OHREN 
Otitis media; Kind weint wegen der Schmerzen. Hämatom. Tinnitus. Autophonie. 

NASE 
Rot, geschwollen. Eingebildete Gerüche. Geruch von faulen Eiern. Tabakgeruch ist unerträglich. Verlust des Geruchsinns. Epistaxis bei rotem Gesicht. 

GESICHT 
Hochrote glänzende Färbung des Gesichts mit starker fühlbarer Hitze, weiten Pupillen und konvulsive Bewegungen der Fazialismuskulatur bis zum Risus sardonicus. Rötliche scheckige Fleckbildung  (vgl. bapt.). Semilaterale Schwellung des Gesichts. Neuralgien mit Zucken der Gesichtsmuskulatur. Flush. Unterkiefer nach hinten gezogen. 

MUND 
Mund und Zunge heiß und trocken. Die Beläge sind häufig dünn und weißlich. Der Belag ist so dünn, daß die Papillen durchscheinen und so der Eindruck der "Erdbeerzunge" entsteht. An den Rändern und der Zungenspitze fehlt er dabei fast gänzlich (vgl. bry. ). Schreitet die Erkrankung fort, löst sich dieser Belag, die Zunge wird hochrot und entzündet sich. Es bildet sich eine hochrote belaglose Zunge; ausgehend von der Sagitallinie verbreitert sich dieser Streifen zur Zungenspitze. 

HALS/KEHLKOPF 
Heiß und trocken. Tonsillen; vergrößert, entzündet; rechts < (vgl. lyc). Schluckzwang; Würgen. Schwellung der cervikalen Lymphdrüsen; entzünden sich plötzlich und sind berührungsempfindlich. Sichtbares Pulsieren der Karotiden. Das klassische Bild einer einfachen Angina tonsillaris. Die Fauces sind hochrot entzündet, die Tonsillen, insbesondere die rechte, ist deutlich vergrößert und die Entzündung dehnt sich nach links aus. Konstriktionsempfindung. Trinkt hastig große Mengen (vgl. bry. ) oder oft in kleinen Schlucken (vgl. ars.) ; beim Versuch zu trinken kontrahiert die Schlundmuskulatur reflektorisch und die Flüssigkeit wird durch Nase und Mund nach draußen befördert. Es bildet sich häufig perlweißes Exsudat über den Fauces. Es handelt sich nicht um Fibrin, sondern um Schleim. "There is, therefore, strictly speaking, no resemblance between the Belladonna inflamation and that characteristic of diphtheria or membranous croup, so that when Belladonna is administered in diphteria it must be indicated on other symptoms than those belonging to the membrane. The general character of diptheria is that of blood-poisening, while Belladonna does not poison the blood." FM Vergleiche die Wirkung von Atropin, dem Alkaloid der Belladonna. 

BRUST 
Kurzer, trockener Kitzelhusten < nachts, durch Staub, durch Gähnen. Schlundkrampf. Empfindlicher Kehlkopf; Fremdkörpergefühl beim Husten. Das Kind weint, bevor es hustet. Keuchhusten, mit Schmerzen im Abdomen vor einem Anfall; Hämopthisis. Bellender Husten (vgl. hyos.) . Bellende Stimme. Cheyne-Stoke´sche Atmung. Stöhnt bei jedem Atemzug. Schwere, kurze und schnelle Atmung. Asthma < in feucht-warmem Wetter. Heftiges Herzklopfen mit Angst und vollem, kräftigem Puls. Herzklopfen mit schwachem Puls. Sichtbares Pulsieren der Karotiden und Temporalarterien. "Bubbling at the region of the heart." PhM

ABDOMEN 
Verlangen nach Limonade oder Zitronen, die vertragen werden. Durst auf große Mengen Wasser. Abneigung gegen Getränke. Durstlosigkeit. "Then as regards the thirst, Belladonna patients always have a dry mouth. It is always laid down in the textbooks that Belladonna is intencly thirsty, but I have seen quite a number of Belladonna pneumonias in which there was very little thirst at all; the patients complained of the mouth being very dry, hot and burning, and yet they were not particulary thirsty. So do not put off Belladonna because the patient is not as thirsty as one would expect from the statements in the textbooks"BrP Abneigung gegen Fleisch, Saures, Kaffee, Milch, Bier. Schluckauf mit Schweißen und Konvulsionen. Erbrechen mit Blässe und Schwäche. Magenschmerzen erstrecken sich zur Schulter und zum Hals; Druck <. Abdomen heiß und empfindlich gegen Druck; die Bettdecke wird nicht vertragen. Vergleiche die Prüfungssymptomatik mit  den klinischen Symptomen. Während der Prüfung ergab sich eine generalisierte Empfindlichkeit des Abdomens gegenüber Druck. Hering führt aber mehrmals die Modalität "Druck bessert" auf: "Clawing around navel; > from pressure". "Pinching colic; flatulent colic > by stooping forward and pressing the part." HeG Auftreibung des Colon transversum; wie ein Strang während Abdominalkoliken. Krämpfe und Koliken; als ob das betroffene Organ von einer Faust umschlossen wird. Schmerzen im rechten Hypochondrium erstrecken sich zu Schulter und Nacken (vgl. chel.), < beim Draufliegen. Schmerzen in der Nabelgegend > durch Druck.. Bauchkrämpfe und Koliken < durch Druck, > durch Zurückbeugen des Rumpfes (Colozynthis > durch Krümmen). Herabdrängungsgefühl im Unterbauch, als ob die Eingeweide nach außen drängen < durch Liegen,  < morgens, > durch Stehen. Analprolaps. Hämmorrhoiden mit brechenden Schmerzen des Rückens. Spastische Konstriktion des Sphincter ani. Diarrhoe < durch Bewegung. Dysenterie mit grünlichen Stühlen; kalkweiße Klumpen im Stuhl. Blutige Schleimstühle. 

NIEREN/HARNWEGE 
Nephritis. Nierensteinkolik. Tenesmen der Blase ohne Entzündung. Strangurie. Unwillkürlicher Harnabgang, beim Niederlegen, oder im Stehen, oder nachts (Enuresis nocturna der Kinder); während Schläfrigkeit tagsüber. Harnverhaltung durch Lähmung der Blasenmuskulatur; nach Entbindung. Feuerroter Urin, häufig und reichlich. "Hämaturia without pathological conditions." PhM

MAENNLICHE GENITALIEN 
Testes entzündet; hart, hochgezogen. Schweiß der Genitalien. 

WEIBLICHE GENITALIEN 
Mens zu früh, stark, übelriechend. Hellrotes, heißes Blut. Uteruskongestion. Unterdrückte Mens mit Kopfkongestion und kalten Füßen. Herabdrängungsgefühl im Unterbauch, als ob die Eingeweide nach außen drängen < durch Liegen, < morgens, > durch Stehen. (Verschiedene Mittel haben dieses Symptom. Aconitum < durch Ruhe, > durch Umhergehen. Sepia und Murex < durch Stehen >, durch Liegen oder Sitzen mit übereinandergeschlagenen Beinen. Pulsatilla > durch Liegen). Metritis. Rigidität des Muttermundes während der Geburt; Belladonna ist besonders nützlich bei älteren erstgebärenden Frauen. Lochien schwach, heiß und übelriechend. Fluor mit Koliken. Wehen kommen und gehen plötzlich oder verschwinden gänzlich. Mastitis; pochende Schmerzen. Mammae schwer, hart, rot; radiär von der Brustwarze ausgehende Streifenbildung. 

NACKEN/RUECKEN 
Schwellung der cervikalen Lymphknoten. Steifer Nacken und Schultern. Rücken schmerzt wie zerbrochen. Rückenschmerzen < durch Kälte und Luftzug. Lumbago mit Schmerzen der Hüften und Oberschenkel. 

EXTREMITAETEN 
Krämpfe der Muskeln; lähmungsartige Schwäche mit blitzartig, schießenden Schmerzen, die plötzlich kommen und gehen und die Stelle wechseln. Gelenke geschwollen und gerötet. Schmerzen < durch Kälte, Berührung und Luftzug. Kälte der Extremitäten. Große Ruhelosigkeit. Kann keinen Moment stillsitzen. Zuckungen der Muskulatur. Sehnenhüpfen. Zittern der Glieder. Schwäche der Extremitäten mit Gangunsicherheit. Liegt oder sitzt mit gekreuzten Beinen, unfähig die Beine auseinander zu bringen. 

HAUT 
Hochrot. Glänzend. Trocken und heiß. Dunkle, rötliche scheckige Fleckbildung der Haut. Dermatitis. Scharlach (glatter, roter Ausschlag). Erysipel. Geschwüre kehren immer wieder zurück im Frühjahr. 

SCHLAF 
Schläfrig aber schlaflos. Unruhiger Schlaf mit Stöhnen und schweren Träumen. Träume von Streit, Feuer, Dieben etc.. Beängstigende Halluzinationen bei geschlossenen Augen. Plötzliches ängstliches Aufschrecken aus dem Schlaf, nachdem er gerade eingeschlafen war. Empfindung, als ob er herabgefallen sei. Krämpfe im Schlaf, Kopfrollen und Zähnknirschen. Opisthotonus. Schläft mit den Händen unter dem Kopf (vgl. puls.)

FIEBER/FROST/TEMPERATUR 
Hohe Temperaturen; verhältnismäßige geringe Toxizität. Innere Kälte bei starker, brennender, dampfender, äußerer Hitze. Heißer Kopf bei kalten Extremitäten. Haut heiß; trocken oder feucht. Schweißbildung nur an abgedeckten Körperstellen. 


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