THEMA
Besonders auffällig unter den allgemeinen Leitsymptomen sind die
Trockenheit der Gewebe und die Verschlimmerung sämtlicher
Beschwerden durch Bewegung.
ALLGEMEINES
Bryonia alba ist ein sehr gut geprüftes Mittel. Am markantesten
sind folgende Bereiche von seiner Wirkung betroffen:
- Die Schleimhäute des gesamten Körpers. Es
handelt sich
in der Regel um trockene Schleimhautkatarrhe.
- Die serösen Häute*; hier ist die Wirkung an
folgenden
Organen besonders gut klinisch verifiziert
- Lunge und Rippenfell
- Gallenblase und Blinddarm. Wenn diese Organe
einschließlich ihres Bauchfellüberzugs von der serösen
Entzündung erfaßt sind, stellt dies eine besondere
Indikation dar (Mezger)
- Nerven, Muskeln, Bindegewebe; fibröse Gewebe, Sehnen,
Gelenkkapseln
- Blut und Blutzirkulation
- Rechte Körperseite
* "Bei umfassenden Tierversuchen durch Nast,
Boyd und Hinsdale wurden Meerschweinchen vier Tage lang mit 2ccm
verdampfter
Bryoniatinktur vorbehandelt und nach Injektionen
unterschiedlicher
Baktereienstämme in die rechte Pleurahöhle mit unbehandelten
Tieren
verglichen. Bei den Sektionen zeigten die unbehandelten Tiere durchweg
eine
starke Beteiligung des Lungenparenchyms, wohingegen die vorbehandelten
Tiere
wenig oder keine Reaktion aufwiesen. Es gab auch keinen Hinweis darauf,
daß die serösen Häute primär betroffen sind. Unter
Einbringung der Bakterien in die Pleurahöhle konnten zwar
eindrucksvoll
bronchopneumonische Herde erzeugt werden, eine fibrinöse
Exsudation
der Pleura fand sich allerdings nur über eben diesen Herden.
Desgleichen
war die Serosa des Peritoneums nur dann betroffen, wenn eine
Schädigung
des Darmtraktes vorlag. Nast folgerte daraus, daß die
primären
Veränderungen an den betreffenden Organen stattfinden und die
serösen
Häute nur sekundär betroffen sind."
MzM
Typisch für den Verlauf einer Erkrankung ist der allmähliche
Beginn der Beschwerden. Im Gegensatz zu Belladonna oder Aconitum erwartet man bei Bryonia
eine längere Prodromalphase ( vgl. gels. ). In der Regel
kündigen unspezifische, allgemeine Beschwerden die Erkrankung an.
Der Patient fühlt sich Stunden, ggf. einige Tage, zunehmend
unwohl, ohne genau sagen zu können, was ihm fehlt, bis er
dann am späten Abend Fieber entwickelt oder am darauffolgenden Tag
mit
starkem Krankheitsgefühl geweckt wird. Das Fieber beginnt
häufig
abends nach dem Hinlegen. Die Zeit um 21 Uhr gilt als besonders
typisch.
Im Gegensatz zu bell. kommt es allerdings nicht zu einem Fieberabfall
nach
24 Uhr, sondern im Verlauf der nächsten Tage entwickelt der
Patient
ein kontinuierliches Fieber. In dieser Zeit erfährt der Patient
eine
allgemeine Verschlimmerung seines Zustandes wie bei bell. um 15 Uhr
nachmittags.
Infolge der gestörten Blutumverteilung kommt es zu venösen
Kongestionen
in den jeweils betroffenen Bezirken. Häufig ist das Gesicht
dunkelrot
kongestioniert, und der Patient gleicht in seiner trägen
Erscheinung
einem Betrunkenen. Oft manifestiert sich die Erkrankung im
Magen-Darmtrakt,
wo es zu biliösen Verdauungsbeschwerden bis hin zu typhösen
Verlaufsformen
kommt, oder als Tracheobronchialkatarrh, bei dem infolge mangelnder
Sekretion
der Schleimhäute rauhe, wunde, stechende Schmerzen in der gesamten
Brust
auftreten. Es entwickelt sich eine Pneumonie und Pleuritis sicca oder
exsudativa. Das gesamte Nervensystem ist dabei gereizt und der Patient
ist ärgerlich, mürrisch, zornig und depressiv. Bei
zunehmender Erkrankung wünscht der Patient, nicht mehr
gestört zu werden, weil sein Zustand durch
die geringste Anstrengung verschlimmert wird.
MODALITAETEN
Verschlimmert durch:
Geringste Bewegungen; Aufstehen, Husten, Bücken, Anstrengungen,
tiefes Atmen. Trockene Kälte oder Hitze. Erhitzt werden. In
Zimmerluft. Trinken. Essen. Gemüse. Säuren.
Überanstrengung. Berührung. Unterdrückung von Symptomen.
Erkältung. Früh morgens.
Gebessert durch:
Absolute Ruhe. Druck. Liegen auf der schmerzhaften Seite.
Bandagieren. Kühle. Frische Luft. Ruhe. Bewölktes feuchtes
Wetter.
Anziehen der Knie. Wärme auf Entzündungen. Kalte Speisen und
Getränke. Aufrechtsitzen.
GEMUET
Mürrische Reizbarkeit und Zorn. Entschlossenheit. Schweigsam und
verschlossen. Weiß nicht genau, was er will. Will Dinge, die er
zurückweist, wenn er sie erhalten hat (vgl. kreos., cham.). Delirium; will nach Hause gehen,
redet von Geschäften. Übergeschäftigkeit und
Getriebenheit. Gefühl, mit der Arbeit nicht fertig zu werden.
Trägheit. Zweifel an der Genesung. Furcht, um
die Zukunft, vor Armut, vor dem Tod.
KOPF
Kopf schwer und schwindelig. Schwindel bis hin zu Ohnmacht beim
Aufstehen. Schwindel im Hinterhaupt. Als ob sich alle Objekte im Raum
drehen, als ob er tief ins Bett versinkt. Berstende, reißende,
drückende Kopfschmerzen in Stirn und Hinterhaupt; < durch
Bewegen der Augen, Husten, während Stuhlgang etc.. Kopfschmerzen
über dem linken Auge; drückend,
erstrecken sich ins Hinterhaupt und von dort über den gesamten
Körper.
Kopfschmerzen während Verstopfung. Kopfschmerzen besser durch
kühle
Abwaschungen. Kopfhaut sehr empfindlich. Haarspitzenkatarrh.
AUGEN
Wunde Augäpfel. Schmerzen hinter den Augen. Glaukom.
Tränenfluß tagsüber; in der Sonne. Ödematös
geschwollene Lider.
OHREN
Ohrgeräusche. Vikariierende Blutungen, bei Menstruation.
NASE
Vikariierende Blutungen; wenn die Menstruation erscheinen sollte,
während Schwangerschaft. Schwellung der Nasenspitze, schmerzhaft
bei Berührung. Fließschnupfen mit heftigem Niesen. Trockener
Katarrh der Nasenschleimhaut.
GESICHT
Rot, geschwollen, heiß. Schwellung von Oberlippe und Nase.
MUND
Mund und Lippen trocken. Durst, verlangt nach kaltem Wasser, trinkt
selten aber viel auf einmal. So trocken, daß die Zunge am Gaumen
klebt. Zunge entlang der Sagitallinie belegt. Dicker, weißer,
gelber, schmutziger, meist trockener Belag. Zungenwurzel, Ränder
und Spitze häufig
rot und ohne Belag. (vgl. bell.
) Selten verstärkter Speichelfluß. Speichel schaumig
wie Seife, bei Thypus, bei Keuchhusten. Kleine Aphthen an der
Zungenspitze;
mit Diarrhoe bei Säuglingen, offenen Fontanellen HeG . Mundgeschmack bitter
und gallig, > durch kalte Getränke. Zahnschmerzen; > beim
Liegen auf der betroffenen Seite sowie durch kaltes Wasser, < durch
Zähneputzen, Warmes, Rauchen oder Kauen von Tabak.
HALS/KEHLKOPF
Kratzen und Trockenheit im Hals. Trockener, krampfhafter Reizhusten,
besonders morgens. Stechend scharfe Schmerzen des Kehlkopfes und der
Luftröhre beim Husten. Husten < durch Eintritt ins Warme (vgl. caust. , cupr.,
hedera, jod.), > durch Liegen auf der betroffenen Seite.
Rezidivierende Aphthen.
BRUST
Quälender, trockener, schmerzhafter Reizhusten. Die gesamte
Brust ist wund und empfindlich. Der Patient hält sich die Brust
beim
Husten (vgl. dros.,
eup.-p. , kal.-c., seneg. , stict. ). Der Brustkorb ist so
empfindlich, daß er nicht nicht tief durchatmen kann. Tiefes
Atmen verursacht Husten. Scharfe Stiche in der Brust; in Höhe des
rechten Schulterblattes, < durch Tiefatmen oder Husten. Auswurf,
zäh mit rostrotem Blut vermischt. Bronchitis. Asthma. Pneumonie.
Pleuritis. Stiche über dem Herzen. Puls: voll, schnell,
hart.
ABDOMEN
Durst auf große Mengen kalten Wassers, welches vertragen wird.
Auch Verlangen nach warmen Getränken, welche >. Trinkt hastig
und viel. Verlangt nach Speisen, die er nicht vertragen kann. Abneigung
gegen Essen. Übelkeit < durch Aufstehen, durch Liegen auf der
rechten Seite.
Erbrechen; bitter, Galle, Wasser, feste Speisen sofort nach dem Essen.
Völlegfühl im Magen < nach dem Essen. Magen
druckempfindlich. Verlangen nach Kaffee, Wein und sauren
Getränken. Abneigung gegen Milch, die er aber verträgt.
Geschmackloses Aufstoßen. Epigastrium empfindlich, klopfend.
Leber
geschwollen, wunde Schmerzen > durch Liegen auf der betroffenen
Seite.
Abdomen sehr empfindlich. Appendizitis. Peritonitis. Stühle:
Obstipation;
voluminös, trocken, hart, wie verbrannt. Diarrhoe; schmerzlos,
unverdaut,
unwillkürlich während Schlaf, herausspritzend, morgens, nach
dem
Aufstehen, nach Kohl, während Hitze, nach kalten Getränken.
Schleimabgang
nach dem Stuhl. Brennschmerzen des Anus während Stuhl. Gelber
schleimiger
Stuhl. Ikterus.
NIEREN/HARNWEGE
Nephritis. Schmerzen in der Nierengegend. Unwillkürlicher
Harnabgang durch schweres Heben oder durch Anstrengung. Brennen in der
Urethra, wenn er nicht uriniert. Urin: rötlich, bräunlich,
wie Bier, wenig, heiß
mit weißlichem Sediment oder blaß und reichlich.
MAENNLICHE GENITALIEN
Roter, juckender Hautausschlag an der Glans penis.
WEIBLICHE GENITALIEN
Menses; unterdrückt mit starken Kopfschmerzen, vikariierenden
Absonderungen, Blutungen aus Nase oder Ohren. Regelmäßig
Nasenbluten, wenn die Menses einsetzt. Schmerzen in den Mammae
während der Menstruation.
Mastitis; steinharte Mammae. Im ersten Stadium einer
Abszeßbildung (vgl. phyt.
welches gut folgt). Mens; zu früh, profus, mit dunkelrotem
Blut. Ovariitis; rechts, druckschmerzhaft. Stiche in den Ovarien beim
Tiefatmen. Amenorrhoe mit abdominalen Schmerzen und Wundheitsempfinden
im Becken. Säuglinge lassen sich wegen wunder
Mundschleimhäute nur schwer zum Stillen anlegen, erst wenn der
Mund feucht geworden ist, trinken sie. HeG
NACKEN/RUECKEN
Schmerzhafte Steife des gesamten Rückens, insbesondere des
Nackens. Scharfe rheumatische Schmerzen in den Sehnen des Trapezmuskels
auf der linken Seite. Schmerzen zwischen den Schulterblättern
erstrecken sich durch den Thorax bis ins Epigastrium. Stechende
Schmerzen in der linken Scapula erstrecken sich durch den Thorax bis
zum Herzen. Stechende Schmerzen und Steifheit
im lumbalen Rücken < durch Gehen, Bücken und Drehen im
Bett.
EXTREMITAETEN
Schwäche der Glieder und schmerzhafte Steifheit aller Gelenke.
Ziehende, reißende oder spannende Schmerzen in den Muskeln des
ganzen Körpers; teils schlimmer durch Bewegung, teils besser durch
Bewegung. Gelenke blaß-rot geschwollen mit Schmerzen bei jeder
Bewegung oder Anstrengung. Ischialgie > durch absolute Ruhe und
Liegen auf der betroffenen Seite. Schwäche der Knie beim
Gehen.
HAUT
Nesselartige Röte und Schwellung der Haut. Bläschen, Pusteln
und Furunkel. Kopfhaut empfindlich gegen Berührung. Haut
blaß,
gelb wässrig durchtränkt.
SCHLAF
Somnambulisums (Prüfungssymptom und klinisch verifiziert).
Schläfrigkeit tagsüber. Nachts gestörter Schlaf durch
ängstliche Träume von Arbeit, Geschäft, häuslichen
Angelegenheiten. Aufschrecken beim Einschlafen. Hitzeempfinden nach dem
Hinlegen. Fieber um 21 Uhr. Kopfschmerzen und Schwere des Kopfes nach
dem Aufwachen. Das Öffnen der Augen strengt an und
verschlimmert.
FIEBER/FROST/TEMPERATUR
Frost und Schüttelfrost. Frost mit heißem Kopf und rotem
Gesicht; < in einem warmen Raum, > an frischer Luft. Trockene
brennende Hitze; < alle Symptome. Trockene brennende Hitze der
Hände und insbesondere der Füße. Als ob das Blut
heiß ist. Kontinuierliche Fieber. Hitze nach dem Hinlegen.
Fieberanstieg nachts um 21 Uhr ohne Absinken der Temperatur nach 24
Uhr. Schweiße sauer und ölig, profus nachts, nach 3 Uhr, in
den frühen Morgenstunden. Schweiße erleichtern.
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